Der Freispruch des Dienstgruppenleiters der Polizei ist heute vom 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes aufgehoben worden. Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle wird daher in Magdeburg neu aufgerollt werden müssen. Das teilte der BGH heute in einer Pressemitteilung mit. Zur Begründung der Entscheidung heißt es:
Nach den Urteilsausführungen ist nicht nachvollziehbar, wie sich der Brand der Matratze im Einzelnen entwickelt hat. Insbesondere bleibt unklar, ob ein vom Landgericht angenommenes „Anschmoren“ des Matratzenbezuges ohne Verbrennungen der Hand und entsprechende Schmerzenslaute möglich wäre, die den Angeklagten zu einem frühzeitigen Eingreifen hätten veranlassen müssen. Zudem hat das Landgericht bei der Bemessung der für die Rettung Ouri Jallows zur Verfügung stehenden Zeit nicht bedacht, dass der Rauchmelder bereits Minuten vor dem Entzünden der Schaumstofffüllung der Matratze, das innerhalb von zwei Minuten zu einem tödlichen Inhalationsschock führte, möglicherweise bereits dadurch ausgelöst worden war, dass der schwer entflammbare Matratzenbezug zunächst unter Verwendung eines Gasfeuerzeuges angeschmolzen wurde, um die Schaumstofffüllung freizulegen. Dann hätte der Angeklagte aber möglicherweise den Todeserfolg verhindern können, wenn er sofort nach dem Alarm die erforderlichen Rettungsmaßnahmen eingeleitet hätte. Der 4. Strafsenat hat im Übrigen die Annahme des Landgerichts beanstandet, der Angeklagte habe sich pflichtgemäß verhalten, obwohl er den Alarm zunächst wegdrückte, anschließend ein Telefongespräch mit seinem Vorgesetzen führte und danach auf dem Weg zu dem Gewahrsamsbereich umkehren musste, weil er vergessen hatte, die Fußfesselschlüssel mitzunehmen.
Das Gericht hat damit genau die Punkte aufgegriffen, die von Angehörigen und Solidaritätsgruppen seit Jahren angeprangert worden sind. Die schriftliche, vollständige Urteilsbegründung wird demnächst hier online zur Verfügung stehen.