Was ist Abschiebehaft?

Definition

Abschiebehaft (oder normativ: Abschiebungshaft) ist keine Strafhaft. Es handelt es sich um Freiheitsentzug, der in festgelegten Situationen in Zusammenhang mit einer Abschiebung für eine bestimmte Dauer verhängt werden kann, also eine Verwaltungsmaßnahme, um die Abschiebung sicherzustellen.
Übergeordneter Zweck der Abschiebehaft ist es zu verhindern, dass sich die betroffene Person durch Untertauchen einer Abschiebung entzieht. Gesetzliche Grundlage ist der §62 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).

Abschiebehaft wird in § 62, § 62a und § 62b des Aufenthaltsgesetzes behandelt. Das Gesetz verwendet den gleichbedeutenden Begriff „Abschiebungshaft“. Dabei wird unterschieden zwischen drei Arten von Abschiebehaft:
  • Sicherungshaft – zur Sicherung der Abschiebung § 62 Abs. 3 Satz 1 ist die häufigste Art und kann maximal bis zu 6 Monate dauern, wenn widerleglich vermutet wird, dass ein Ausländer sich der Abschiebung entziehen will.
  • Der sogenannte Ausreisegewahrsam nach § 62b Abs. 1  kann bis zu 28 Tage verhängt werden, wenn die Abschiebung innerhalb dieser 4 Wochen durchführbar ist und die Ausreisepflicht seit 30 Tagen abgelaufen ist.
  • Vorbereitungshaft – nach § 62 Abs. 2  ist eher selten und kann bis zu 6 Wochen dauern. Die Voraussetzung ist, dass über eine Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und ohne die Inhaftierung die Abschiebung wesentlich erschwert oder unmöglich  gemacht würde.
Außer Abschiebehaft kommen im Aufenthaltsgesetz noch Zurückweisungshaft (§ 15 Abs. 5 –  bei Zurückweisung an der Grenze) und Zurückschiebungshaft (§ 57 Abs. 3) vor. 

 

Sicherungshaft

Sicherungshaft ist die üblich Form der Abschiebehaft. Sie wird laut Gesetz verhängt, wenn

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig oder nach einer erlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist,
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann oder
4.
der Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet eingereist ist und sich darin aufhält.

Praktisch bedeutet dies: die Ausländerbehörde beantragt Abschiebehaft für die Menschen, die sich gegen ihre Abschiebung wehren, sich ihr entzogen haben oder vermutlich entziehen werden. Durch Seehofers „Hau-Ab-Gesetz“ 2019 kann zudem die Fluchtgefahr widerleglich vermutet werden (vgl.§ 62 Abs 3(b)), was eine Beweislastumkehr bedeutet.

Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann dann zweimalig verlängert, also insgesamt auf maximal 18 Monate. Viele Bescheide der Gerichte sind falsch, und Menschen werden zu Unrecht inhaftiert. (z.B. Peter Fahlbusch, regelmäßig Hälfte der Bescheide rechtswidrig (Link))

Durchführung

Die Durchführung von Abschiebehaft ist Ländersache. Sie darf inzwischen nicht mehr in normalen Gefängnissen für den Strafvollzug, in Untersuchungshaft oder in Polizeigewahrsam vollzogen werden. Daher existieren in einigen Bundesländern eigene Abschiebehaftanstalten. Grundsätzlich (nach der EU-Rückführungsrichtlinie) müssen Abschiebehäftlinge getrennt von Strafhäftlingen untergebracht werden, und die Unterbringung hat sich von Strafhaft zu unterscheiden.

Das größte deutsche Abschiebegefängnis ist die Justizvollzugsanstalt Büren (NRW) in der Nähe von Paderborn, wo bis vor einigen Jahren bis zu 580 männliche Abschiebegefangene inhaftiert waren. Die Zahl der Abschiebehaftplätze ist aktuell bei etwa 150 Häftlinge in Büren.
Weitere Abschiebehaftanstalten befinden sich in Langenhagen (Niedersachsen), Ingelheim (Rheinland-Pfalz), Pforzheim (Baden-Württemberg), Eichstätt, Hof und München (Bayern), Bremen, Hamburg, Berlin, Darmstadt (Hessen), Glücksstadt (Schleswig-Holstein) und Dresden (Sachsen). In Volkstedt (Sachsen-Anhalt) und Passau (Bayern) sind Abschiebehafteinrichtungen in Planung.

Die Abschiebehaft gilt rechtlich nicht als Strafe. Wird zu Unrecht vom Mittel der Abschiebehaft Gebrauch gemacht, erhält der Betroffene daher auch keine Haftentschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen. Allerdings ist es unter Umständen möglich, auf zivilrechtlichem Wege Schadensersatz im Rahmen der Amtshaftung oder nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu erlangen.
Schätzungen zufolge sitzen mindestens ein Drittel der Inhaftierten selbst nach geltendem Recht zu Unrecht in Abschiebehaft (siehe: http://www.rechtprogressiv.de/das-elend-der-abschiebehaft/).

Mehr Informationen auch zum Verfahren und Besipielen aus der Praxis auf der Homepage des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“: http://www.gegenabschiebehaft.de/hfmia/abschiebehaft.html