Nicht irgendwo, nein hier in Europa. Der Rassismus Europas, der sich in Grenz- und Migrationskontrollen manifestiert, tötet täglich. Zur Aufrechterhaltung eines kapitalistischen Normalzustandes, der selbst in der Krise ist und millionenfaches Leid und Not erzeugt, bedeuten Menschenleben nichts.
Die EU, im letzten Jahr für „Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa“ mit dem Friedensnobelpreis geehrt, ist verantwortlich für den Massenmord im Mittelmeer. Ihre Grenzschutzagentur FRONTEX zwingt systematisch Menschen zur Umkehr, die nach Europa wollen, völker- und menschenrechtswidrig. Die Regierungen Europas drangsalieren diejenigen, die den gefährlichen Weg geschafft haben, stecken sie widerrechtlich in Gefängnisse, lassen sie auf offener Straße verhungern und schieben sie zurück in die Hände ihrer Mörder, in Krieg, in Hunger, Kälte und Obdachlosigkeit.
Sind Abschiebungen nicht möglich und muss ein Aufenthalt gewährt werden, steckt man sie in Lager, zwingt sie in die Isolation und setzt sie den rassistischen Anfeindungen und Übergriffen der Bevölkerung aus. Wehren sie sich, werden Opfer und Täter verkehrt.
Und (…) weil noch das ärmste Land des Südens ausgepreßt wird bis auf den letzten Tropfen Gut und Blut, verhungert auf dieser schönen, reichen Welt alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren, sterben Tag für Tag 57.000 Menschen an Hunger. Und weil nicht alle verhungern wollen, machen manche sich mit letzter Kraft auf den Weg dorthin, wohin seit Jahrhunderten all ihr Hab und Gut gegangen ist (…). Wäre es nicht so streng verboten wie dem Fischer vor Lampedusa die Rettung ertrinkender Afrikaner, möchte man das Gewaltverhältnis, das da waltet, Imperialismus nennen.
(…) Es geht nicht darum, wer wie viele aufgenommen hat, wen wer was kostet, es geht nicht um Kontingente, Brot für die Welt und andere Peanuts. Es geht auch nicht nur um unterlassene Hilfeleistung. Es geht um staatlich konzessionierten Mord, Massenmord.
(Hermann L. Gremliza, konkret 11/2013)