Schwere Menschenrechtsverletzungen in
der Abschiebehaft Büren
Pressemitteilung des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“ HFMIA
Büren – Ein Mitglied des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren
e.V. erstattet heute bei der Staatsanwaltschaft Paderborn Anzeige gegen eine
leitende Mitarbeiterin der Abschiebehaftanstalt in Büren wegen gefährlicher
Körperverletzung (§§ 223 u. 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und Misshandlung von
Schutzbefohlenen (§ 255 StGB).
Die Vollzugsleiterin der Abschiebehaft in Büren soll angeordnet haben, einem
Gefangenen unwissentlich Medikamente in sein Essen zu mischen. Dies ist
einem Bericht zu entnehmen, den zwei Mitarbeiter der Abschiebehaft verfasst
haben. Außerdem war die leitende Mitarbeiterin ohne triftigen Grund immer
wieder bei zwangsweisen Entkleidungen von Gefangenen anwesend und riss einem
Gefangenen den Intimschutz weg. Diese Vorwürfe wurden am 17.1.2018 von Radio
Hochstift veröffentlicht.
Ein Mitglied des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. hat
am heutigen Tag durch seinen Anwalt Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft
Paderborn gestellt. Die Staatsanwaltschaft wird nun gegen die leitende
Vollzugsbeamtin ermitteln.
Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft
Büren e.V., geht davon aus, dass im Rahmen der Ermittlungen weitere Vorwürfe
gegen die Leitung der Einrichtung zu erheben sind: „Das ist gerade mal die
Spitze des Eisberges. Gefangene berichten, dass es weitaus schlimmere
Vorwürfe gegen die Einrichtung gibt. Allerdings lassen sich diese nur schwer
überprüfen.“
Der Verein kritisiert schon seit langem, dass Menschen regelmäßig und
willkürlich in Isolationshaft genommen werden. Dabei wird ihnen teilweise
jede Form der Beschäftigung genommen. Selbst der Besitz von Papier und
eigener Kleidung wird untersagt, jeglicher Kontakt zu Mitgefangenen
unterbunden. „Auch aus diesem Bereich müssen wir damit rechnen, dass es
immer wieder zu Übergriffen gekommen ist. Zumindest wurde uns das von den
Inhaftierten immer wieder gemeldet.“
In der Abschiebehaft in Büren fehlt es an effektiven Kontrollen. NGO´s
werden bei ihren Besuchen in der Abschiebehaft in Büren massiv behindert,
sie dürfen nicht mehr mit allen Gefangenen reden und müssen oft lange
Wartezeiten in Kauf nehmen. Weitere wirklich unabhängige Gremien gibt es in
Büren nicht. Während das Land nach den schweren Übergriffen in der
Flüchtlingsunterkunft in Burbach überall dezentrale Beschwerdemanagements
eingesetzt hat, wurde ein solches in der Abschiebehaft nicht vorgesehen.
„Hier ist man einfach davon ausgegangen, dass Übergriffe nicht dokumentiert
werden müssen, weil die Betroffenen in der Regel nach dem Aufenthalt in
Büren abgeschoben werden“.
Der Verein ist entsetzt darüber, dass die leitende Mitarbeiterin trotz der
schweren Vorwürfe, welche sowohl der Einrichtung in Büren als auch der
Landesregierung bereits seit Wochen bekannt sind, nicht beurlaubt wurde. Es
muss Alles getan werden, damit weitere Übergriffe ausgeschlossen sind.
Gockel fordert, dass nun eine weitere Aufklärung erfolgen muss. Er glaubt
aber nicht, dass die Abschiebehaftleitung in Büren dabei offen kommunizieren
werde. „Die Leitung hat z.B. auf Anfrage von Radio Hochstift angegeben, dass
die durchschnittliche Krankenrate der Mitarbeiter in Büren 17 Prozent
betrüge. Dies ist aber falsch. Die Zahl galt lediglich für Ende Dezember. Im
Jahresmittel war sie wesentlich höher, teilweise lag sie bei 40 Prozent.“
Die Landesregierung plant nun ein neues Abschiebehaftvollzugsgesetz, um die
Haftbedingungen in Büren durch gesetzliche Normen zu verschlechtern. So
sollen die Besuchsmöglichkeiten von NGO´s weiter eingeschränkt und den
Gefangenen der Austausch untereinander erschwert werden. Die Einrichtung
soll noch mehr Möglichkeiten erhalten, die Grundrechte der Gefangenen zu
beschneiden. „Anstatt die Täter zu bestrafen, will die Landesregierung sich
schützend vor die Beamten stellen und ihnen weitere Vollmachten einräumen,
um in Zukunft zu verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit
kommen.“
Ohne eine Personalaufstockung hat die Landesregierung zusätzlich noch die
Anzahl der inhaftierten Menschen von 140 auf 175 Personen erhöht. „Gerade
mit den erhobenen Vorwürfen ist dies nicht hinnehmbar. Die Vorwürfe machen
deutlich, dass die ganze Einrichtung schon jetzt vollkommen überfordert
ist.“ Ein weiteres Mal fordert der Verein ein Umdenken in der Politik und
ein Ende der Abschiebehaft in Deutschland.
Pressemitteilung in der NW (25.01.2018)
Pressebeitrag im WDR