Zentrale Gedenkveranstaltung des Kreises Lippe am „Volkstrauertag“
Veranstaltungsort:
„55er-Denkmal“
Kaiser-Wilhelm-Platz
Paulinenstraße
32756 Detmold
Seit 1985 Gedenktafel für Kriegsverbrecher
3.000 Soldaten der Wehrmacht zählte das vor dem Zweiten Weltkrieg in Bielefeld, Detmold und Paderborn stationierte ehemalige „Infanterie-Regiment 18“ am Mobilmachungstag 1939. Am 16. November 1985 wurde unter Protesten und demonstrativen Aktionen eine Gedenktafel für die Kriegsverbrecher des „IR 18“ am „55er-Denkmal“ in Detmold angebracht. Auf Grund des öffentlichen Protestes verzichtete die „Traditionsgemeinschaft des Infanterieregiments 18 – Generalfeldmarschall v. Rundstedt“ („Überlebende des zweimal im Ostfeldzug vernichteten Regiments 18“) dabei auf den gewünschten Zusatz „Chef: v. Rundstedt“ auf der Tafel. Die „Traditionsgemeinschaft des Infanterieregiments 18 – Generalfeldmarschall v. Rundstedt“ war bisherige Mitveranstalterin bei den Kranzniederlegungen am „55er-Denkmal“. Motto der Traditionsgemeinschaft: „Kein Regiment soll besser sein.“
Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt
Rundstedt war Befehlshaber von militärischen Großverbänden (Heeresgruppen) im so genannten Polenfeldzug, im „Westfeldzug“ und während des Angriffskrieg gegen die UdSSR („Unternehmen Barbarossa“). Zuletzt war er als Oberbefehlshaber West eingesetzt und hatte damit die Aufgabe, die alliierte Invasion zu verhindern und später die „Ardennenoffensive“ zu leiten.
Vorarbeiten für Roland Freisler
Rundstedt war Vorsitzender des am 2. August 1944 errichteten Ehrenhofs der Wehrmacht. In dieser Funktion stieß er im Auftrag des NS-Regimes zahlreiche mit dem Attentat des 20. Juli 1944 kompromittierte Wehrmachts-Angehörige aus der Armee aus, sodass das Reichskriegsgericht für ihre Aburteilung nicht mehr zuständig war und sie vom Volksgerichtshof in Schauprozessen unter dem Vorsitz von Roland Freisler abgeurteilt werden konnten.
„Gedenken ohne Volk?“
„Heute fällt es vielen Menschen schwer – insbesondere den jüngeren – die Bedeutung, die der Volkstrauertag für die Kriegs- und Nachkriegsgeneration hatte, zu begreifen oder gar zu teilen. Ist der Volkstrauertag somit in naher Zukunft ein Gedenken ohne Volk?“ So die rhetorische Frage im diesjährigen Aufruf des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ zum „Volkstrauertag“, die selbstredend mit einem „Nein“ beantwortet wird, auch „wenn die Teilnehmerzahl abgenommen hat“. Insbesondere am 13. November 2010 waren um das „55er-Denkmal“ zwar zahlreiche Zivilbeamte der Kreispolizeibehörde Lippe und des Polizeilichen Staatsschutzes im Einsatz, um antifaschistische Proteste zu unterbinden, bedeutend erhöhen konnte dies die Anzahl der Teilnehmenden am „Volkstrauertag“ jedoch nicht.
Opfer und Täter auf einer Stufe
Die Kranzniederlegungen am „Volkstrauertag“ in den letzten Jahren am „55er-Denkmal“dienten nicht nur dem Gedenken Hinterbliebener von Kriegstoten, sondern ausdrücklich auch einer offen formulierten Geschichtsumdeutung. Landrat Heuwinkel formulierte dies zum Beispiel 2008 bei der Gedenkveranstaltung am „55er-Denkmal“ beispielhaft: „Der aufrichtige Umgang mit unserer Vergangenheit setzt voraus, dass wir aller Opfer gedenken, die durch Vernichtungskrieg und Völkermord, durch die Bombenangriffe, während der Flucht oder Kriegsgefangenschaft ums Leben kamen.“
Besinnung auf die „nationale Identität“
Zwecks Besinnung auf die „nationale Identität“ (so Heuwinkel 2008) und getreu dem Motto, dass im Tode alle gleich sind, wurden so die Täter von gestern und vorgestern zu Opfern stilisiert und auch den Jüdinnen und Juden großzügig ein Platz im nationalen Familiengrab angeboten. Bekanntlich ist ein Massenmord nicht nur ein Mord an, sondern eben auch ein Mord von Massen. Eike Geisel formulierte einst zutreffend, dass unter der Inschrift „Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft“ familiäre Bande zwischen dem Kriegsopfer Roland Freisler, dem bei einem Bombenangriff umgekommenen Henker des Volksgerichtshofs, und der in Bergen-Belsen elend verreckten Anne Frank geknüpft werden.
2012: Streitkräfte flankieren Prominentenauflauf
Die Kranzniederlegung bei der diesjährigen zentralen Gedenkveranstaltung am „Volkstrauertag“ für den Kreis Lippe am Kriegerdenkmal zu Ehren des „Infanterieregiments 18 – Generalfeldmarschall v. Rundstedt“ erfolgt durch den Landrat Friedel Heuwinkel, gleichzeitig Vorsitzender des Kreisverbandes Lippe im „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“, in Anwesenheit der Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl, des Bürgermeisters der Stadt Detmold, Vertreterinnen und Vertreter des Rates, einer Abordnung der Bundeswehr aus der nach einem „Wegbereiter des Holocaust“ (Guido Knopp) benannten „Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne“ in Augustdorf, der beiden kirchlichen Konfessionen, der Detmolder Schützengesellschaft von 1600 e.V. und der Freiwilligen Feuerwehr.
Zusammenarbeit von „Volksbund“ und Bundeswehr
Im Aufruf zum diesjährigen „Volkstrauertag“ des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ werden die Auslandseinsätzen der Bundeswehr ausdrücklich gerechtfertigt: „Leider herrscht auch heute kein Frieden auf der Welt. Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr leisten an der Seite verbündeter Streitkräfte ihren gefährlichen Dienst im Ausland. Ungefähr 100 Bundeswehr-Angehörige haben dabei ihr Leben verloren. Am Volkstrauertag gilt das Gedenken auch diesen Opfern.“
Tätergräberfürsorge
Der mit Millionenbeträgen subventionierte Verein „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ (VdK) pflegt im Auftrag der Bundesregierung deutsche Kriegsgräber beider Weltkriege im Ausland. Dabei kümmert sich der VdK nicht nur um Gräber von Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS, sondern auch um diejenigen von Wachmannschaften der Konzentrationslager sowie anderer Massenmörder und Kriegsverbrecher. Derzeit betreut der „Volksbund“ 824 „Kriegsgräberstätten“ mit circa 2,4 Millionen Gräbern in 45 Staaten. Antifaschistische Initiativen kritisieren seit Jahrzehnten, dass der Volksbund die Relativierung deutscher Kriegsverbrechen betreibt und vor allem die NS-Opfer mit den Tätern auf eine Stufe stellt. Die Aktivitäten des Vereins in Ost- und Südosteuropa stoßen deshalb nach wie vor auf erheblichen Widerstand, weil sie oftmals als Rechtfertigung für die vergangenen Okkupationen verstanden werden. Deshalb kritisieren Antifaschistinnen und Antifaschisten in der BRD vehement die Kooperation mit dem VdK im Rahmen der Erinnerungskultur.