Besuchskampagne von open access now geht weiter!

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Presseerklärung von migreurop vom 10. Mai 2012: http://www.migreurop.org/article2125.html?lang=fr

Besuchskampagne: Behinderung des Informationsrechts

« Abschiebungshaftanstalten in Europa : Macht die Türen auf ! Wir haben das Recht zu wissen, was dort passiert ! »

open access nowDie Abschiebungshaft, ein alltägliches Instrument der europäischen Migrationspolitik, ist eine vor der Zivilgesellschaft und den Medien versteckte Realität. Diese Intransparenz begünstigt untragbare Zustände und vielfache Verletzungen der Menschenrechte. Dennoch haben europäische Bürger_innen das Recht zu wissen, welches die Konsequenzen einer Politik sind, die in ihrem Namen durchgesetzt wird.

Im Rahmen der Kampagne « Open Access : Macht die Türen auf ! Wir haben das Recht zu wissen, was dort passiert ! », die von mehreren Organisationen der Zivilgesellschaft getragen wird, haben die Netzwerke Migreurop und Europäische Alternativen eine Besuchskampagne für die Abschiebehaftanstalten in Europa und darüber hinaus eingeleitet, die vom 26. März bis zum 26. April 2012 stattfand. Es ging darum, eine öffentliche Bestandsaufnahme des Zugangsrechts der Zivilgesellschaft (insbesondere von Vereinen und Medien) zu den Abschiebungshaftanstalten zu machen. Gemäß europäischem Recht ist der Zugang zu Information ein unabdingbares Recht der europäischen Bürger_innen und wird von allen europäischen Institutionen verteidigt.

Reporter ohne Grenzen, zahlreiche Journalist_innen, Organisationen und Zusammenschlüsse von Bürger_innen haben Besuchsanträge bei den zuständigen Behörden ihrer Region eingereicht. Daraus ergibt sich, dass Abgeordnete der nationalen und europäischen Parlamente, aber auch Aktivist_innen und ganz selten Journalist_innen 14 Abschiebungshaftanstalten besuchen konnten, und zwar in Bulgarien, Spanien, Italien, Mauretanien, Serbien und Kroatien.

Die ersten Feststellungen sind besonders beunruhigend und zeigen einen klaren Willen, diese Orte so unsichtbar und unzugänglich wie möglich zu halten. Die Organisationen konnten mehrere Besichtigungen nicht durchführen, da die Behörden die Besuchsanträge ablehnten oder sie unbeantwortet ließen. Der Zugang von Journalist_innen wurde ganz klar verhindert. Diese Situation muss folgende Frage aufwerfen : « Und jetzt, was machen wir ? ». Ein umfassender Bericht über die Besichtigungen wird demnächst veröffentlicht und wird es ermöglichen, die Situation der eingesperrten Migrant_innen bekannt und öffentlich zu machen. Er wird auch Gelegenheit geben, zu überlegen, was für Folgen diese Kampagne haben sollte. Es muss ermöglicht werden, die tatsächlichen Abschiebehaftbedingungen bekannt zu machen Wir haben das Recht zu wissen, was sich drinnen abspielt.

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BELGIEN

In Belgien wurde der Antrag der Liga für Menschenrechte, die Abschiebungshaftanstalt in Brügge mit fünf Journalist_innen zu besichtigen, von den belgischen Behörden zwei Mal abgelehnt. Als Begründung dafür wurde erklärt, es gäbe genügend externe und interne Kontrollorgane, die außerdem zu einer Humanisierung der Anstalten beitragen würden. Mit einer seltsamen Interpretation von Transparenz und um zu zeigen, dass die Behörden tatsächlich die Personen aussuchen, die die Abschiebungshaftanstalten betreten dürfen, wurden ein paar ausgewählte Journalist_innen (und nicht diejenigen, die an der Kampagne teilnehmen !) vom Ministerium zu einem geführten Besuch einer neuen Haftanstalt „Caricole“ (am 25. April eingeweiht) eingeladen, obwohl die Anstalt noch komplett leer war.

BULGARIEN

Nur einer von unter den vier geplanten Besuchen wurde erlaubt. Während der Zugang zur Anstalt in Pastragor abgelehnt wurde, sind die Besuchsanträge für Banya und Lyubimets ohne Antwort geblieben. Während der Parlementarier Pavel Dimitrov die Anstalt in Varna tatsächlich betreten konnte, musste die Zivilgesellschaft vor den Türen bleiben.

KROATIEN

Die Erlaubnis, die Abschiebungshaftanstalt Prohvatni centar z astrance Jezevo zu besuchen, wurde innerhalb eines Tages erteilt. Vier Mitglieder des Center of Peace Studies und ein Journalist haben am 10. April die Anstalt besichtigt.

SPANIEN

Besuchsanträge für die Haftanstalten Zapadores und Murcia wurden gemeinsam von Parlamentarier_innen, Organisationen und Journalist_innen eingereicht. Trotz mehreren Nachfragen sind diese Anträge lange ohne Antwort geblieben. Schließlich wurde ein einziger Besuch der Anstalt Zapadres für einen Ombudsman und Organisationen möglich. Die Journalist_innen konnten die Anlagen fotografieren, aber es wurde ihnen nicht erlaubt, mit den Betroffenen zu sprechen.

FRANKREICH

Unter dem Vorwand, den Artikel 16 der Rückführungsrichtlinie über den Zugang von Organisationen in den Abschiebehaftanstalten umzusetzen, hat die französische Regierung am 8. Juli 2011 einen Erlass herausgegeben, der dieses Besuchsrecht stark beschränkt. Dieser Erlass wurde von zahlreichen Vereinen und Organisationen kritisiert. In diesem Kontext war es nur mögöich, die Besuche zusammen mit einem Parlamentarier durchzuführen. Jounalist_innen haben ihren eigenen Antrag gestellt oder wurden als Begleitung von einem Parlamentarier angekündigt. Kein_e Journalist_in oder Aktivist_in bekam Zutritt (außer Mitglieder von Organisationen, die schon das Zugangsrecht erhalten hatten). Zahlreiche Besuche waren geplant : die Abschiebungshaftanstalten (CRA) in Toulouse, Rennes, Bordeaux, Vincennes, Palaiseau, Rouen, Straßburg, Mesnil-Amelot, Cergy und die Transitzone am Flughafen Roissy. Besucht werden konnten nur die Abschiebungshaftanstalten, wo ein Parlamentarier den Antrag stellte : Toulouse, Rennes, Vincennes, Straßburg, Bordeaux und Roissy. Die Parlamentarier_innen durften keine Begleitung mitnehmen.

ITALIEN

Es wurden Besuchsanträge für Abschiebungshaftanstalten gestellt : Identifikations- und Abschiebungshaftanstalt in Mailand, Bologna und Trapani und, das allererste Mal in Italien, die Transitzone im Flughafen Roma Fiumicino. Der Zugang der Zivilgesellschaft wurde nur in Bologna erlaubt. In Trapani haben die Organisationen mündlich eine negative Antwort bekommen, „in Erwartung einer Erlaubnis des Innenministers“ (obwohl dies im italienischen Gesetz nicht steht) und konnten die Anstalt nur mit einer Parlamentarierin besuchen. In Mailand wurde den Anwälten der Migranten, die dafür angeklagt worden sind, den Aufstand im Januar 2012 initiiert zu haben, der Zugang nicht erlaubt. Genauso ging es einem regionalen Berater, den Journalist_innen und den Aktivist_innen. Sie bekamen verschiedene Gründe genannt : die Anwält_innen und Journalist_innen Sicherheitsgründe, die Organisationen ein Zusammenfallen des geplanten Datums mit einem nationalen Feiertag. Für den Regionalberater wird es eine schriftliche Antwort geben in dem Sinn, dass die Antwort von der endgültigen Entscheidung des Innenministeriums abhängt. Die gleiche Antwort gab es für die Zivilgesellschaft am Flughafen Rom Fiumicino. Noch einmal konnte der Besuch nur dank eines Senators stattfinden.

MAURETANIEN

Besuchsanträge für die Haftanstalten in Nouakchott und Nouadhibou wurden eingereicht. Aktivist_innen konnten nur die Anstalt in Nouakchott betreten.

SERBIEN

Die Abschiebehaftanstalten « Prihvatiliste z astrance » in Padiska Skela und Vranje und das Gefängnis in Subotica waren geplante Stationen der Kampagne in Serbien. In Subotica erhielten nur die Mitglieder der Organisationen die Besuchserlaubnis. Journalist_innen wurde der Zugang nicht erlaubt. Der Zugang zu den anderen Anstalten wurde verweigert.

RUMÄNIEN

Migreurop ist seit mehreren Woche in Kontakt mit Häftlingen der Abschiebungshaftanstalt Arad in Rumänien. Sie haben über ihre Situation am 8. März 2012 berichtet : Arad camp (Romania) : „We are in hell“ („Man ist in der Hölle“). Infolge dessen fand auf nationaler Ebene eine Mobilisierung der Zivilgesellschaft, der Aktivist_innen und Journalist_innen statt. Medien kamen schlussendlich nach Arad, um die Anstalt zu besichtigen und die Situation mit eigenen Augen zu sehen. Dieser Zugang wurde ihnen verweigert. Aber zu ihrer Überraschung wurde am 4. Mai eine Besichtigung erlaubt.

Besuchsanträge wurden ebenfalls in POLEN eingereicht aber nicht beantwortet.

Die Mobilisierung geht weiter und mehrere Besuche sind in den nächsten Wochen geplant.

Mehr Informationen: http://www.openaccessnow.eu/