Der Arabische Frühling durchdringt die Festung Europa
Frühjahr 2011: In Tunesien, Algerien und Ägypten, später auch in Libyen bricht der Arabische Frühling los. Aufstände, Regierungsstürze, nicht zuletzt auch Fluchtbewegungen erschüttern die Region. Mit einer Mischung aus Verzweiflung und Hoffnung nutzen viele ihre Chance und versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.
Wie in solchen Umbruchsituationen üblich, reagiert Kern-Europa mit verstärkter Abschottung der Außengrenzen: Bereits im Februar startet die FRONTEX-Mission „Hermes“ im Kanal von Sizilien, Italien schiebt verstärkt ab, mit der „Übergangsregierung“ Libyens wird – bereits lange vor dem Sieg über Gaddafi – die Fortsetzung der Verträge zur Migrationskontrolle vereinbart. 2012 wird zugleich das Jahr, in dem die meisten Menschen im Mittelmeer ums Leben kommen. Das Auffanglager auf Lampedusa ist wochenlang völlig überfüllt; im September kommt es zu einer Revolte, woraufhin das Lager geschlossen wird.
In Europa findet man zwar gute Worte für den beginnenden Demokratisierungsprozess, nicht jedoch für die Flüchtenden. Immer wieder hört man: Ihr habt eine Revolution gemacht, nun ist es doch in Ordnung! Zugleich geben die Bilder der in Süditalien und Malta anlandenden Boote Anlass zur Irritation: sind es doch die jungen Helden dieser Revolutionen, die nun als Flüchtlinge mit zerrissenen und ausgebleichten Hemden auf der Suche nach einem besseren Leben nach Europa kommen. Die Fluchtdramen werden plötzlich neu wahrgenommen und medial intensiver vermittelt.
Mit dem arabischen Frühling verändert sich also der Diskurs; die Praxis der Fluchtbewegungen sowie ihre Kontrolle und Abwehr passen sich den geänderten Rahmenbedingungen an. Ein Jahr nach diesen Ereignissen wird es in der Veranstaltung u.a. darum gehen, wie dies aus einer linken, internationalistischen und antirassistischen Perspektive zu bewerten und zu nutzen ist.
Ort: Langer August, Braunschweiger Str. 22, 44145 Dortmund (Nähe Nordmarkt)
Referentin: Judith Gleitze lebt in Palermo/Sizilien und arbeitet dort für die Organisation Borderline Europe. Seit vielen Jahren dokumentiert sie am Beispiel Italiens die Entwicklung der europäischen Migrationspolitik, Fluchtbewegungen und das Massensterben an den EU-Außengrenzen.
Mehr Infos: www.linksfraktion-nrw.de