UN-Antifolterkomitee kritisiert deutsche Abschiebehaft

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In der Abschlusserklärung der diesjährigen Sitzung des Antifolterkomitees der Vereinten Nationen wird die Praxis der Abschiebehaft in Deutschland kritisiert. In einer Presseerklärung der IPPNW, die einen Parallelbericht abgegeben hatte, heißt es:

Das Antifolterkomitee der Vereinten Nationen zeigt sich in hohem Maße darüber besorgt, dass in vielen Bundesländern Mechanismen fehlen, schutzbedürftige Abschiebungshäftlinge zuverlässig zu identifizieren. Dazu gehörten neben Minderjährigen insbesondere auch Traumatisierte, psychisch kranke Menschen und Folteropfer. Abgesehen von Tuberkulose-Checks fehlten medizinische Eingangsuntersuchungen wie auch systematische Überprüfungen auf psychische Krankheiten oder Traumatisierungen, kritisiert das Komitee in einer Erklärung zum Abschluss seiner diesjährigen Sitzung in Genf vom 31.10. bis 25.11.2011.

„Das Komitee unterstreicht zudem, dass Abschiebungshäftlinge, namentlich Frauen, nicht überall getrennt von Untersuchungshäftlingen untergebracht werden“, sagte Martin Stark, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes Deutschland. Außerdem widerspreche es europarechtlichen Vorgaben, dass mehre-re Tausend Asylbewerber, für deren Asylverfahren ein anderes europäisches Land zuständig sei, sofort nach ihrer Ankunft in Haft genommen werden. „Diese Personen landen überproportional oft in deutschen Abschiebegefängnissen“, kritisierte Waltraut Wirtgen (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, IPPNW), die als Ärztin viele Jahre ehrenamtlich bei Refugio München gearbeitet hat. Die Ärztin Mechthild Wenk-Ansohn vom Berliner Behandlungszentrum für Folteropfer (bzfo) wies darauf hin, „dass die Inhaftnahme für Folter- und Gewaltopfer das Risiko einer erneuten Traumatisierung und schweren Verschlechterung des Gesundheitszustands beinhaltet.“ Die möglichen Schäden stellten die Verhältnismäßigkeit von Abschiebungshaft insgesamt in Frage.

Das bzfo, die IPPNW, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und Refugio München hatten in einem gemeinsamen Bericht an das Antifolterkomitee insbesondere die deutsche Abschiebungshaftpraxis gerügt. Abschiebungsgefangene werden in vielen Bundesländern noch immer in denselben Einrichtungen untergebracht, teils in gemeinsamen Zellen mit Straf- oder Untersuchungshäftlingen. Zudem sei ihre medizinische Versorgung eingeschränkt, auch Kontaktmöglichkeiten seien stark begrenzt. Dies widerspreche europäischen Standards. Die Gefangenen empfänden ihre Situation oft als ausweglos und würden psychisch krank. Die Organisationen erinnerten daran, dass sich 2010 und 2011 vier Menschen in deutschen Abschiebehaftanstalten das Leben genommen haben.

Auch in Büren sind immer wieder Minderjährige und traumatisierte Menschen inhfatiert. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ fordert seit Jahren ein Verbot der Inhaftierung für Minderjährige, alte, kranke, behinderte und schwangere Menschen.
Zwar verfügt die JVA Büren über getrennte Hafthäuser für Abschiebehäftlinge, trotzdem gibt es Begegnung: auf den Fluren, in der Krankenstation und in der Besuchsabteilung. Dies wurde jüngst in einer Anhörung des NRW-Innenausschusses bekannt (siehe: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA15-306.pdf).

Den Parallelbericht der Nicht-Regierungsorganisationen finden Sie unter http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Parallel_Report_Germany_CAT_Final.pdf

Der Staatenbericht, weitere Parallelberichte und die abschließenden Bemerkungen des Ausschusses sind im Internet unter http://www2.ohchr.org/english/bodies/cat/cats47.htm veröffentlicht.