„Gewaltbereiter Rechtsextremist“

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In der Neuen Westfälischen erschien am 2. Februar ein Artikel zu einer antifaschistischen Aktion in Paderborn. Quelle: http://www.nw-news.de/lokale_news/paderborn/paderborn/4216312_Gewaltbereiter_Rechtsextremist.html

„Gewaltbereiter Rechtsextremist“
Ein Flugblatt Paderborner Antifaschisten führt einen 18-jährigen Paderborner als Neonazi vor

Paderborn (st). „Deine Nachbarn sollten erfahren, was Du so in deiner Freizeit machst – dass Du ein Nazi bist.“ Das ist auf einem Flugblatt zu lesen, mit dem eine bislang unbekannte antifaschistische Gruppe „Kollap’s“ in der Nacht zum Dienstag einen in der Stadtheide lebenden jungen Mann als „gewaltbereiten 18-jährigen Rechtsextremisten“ geoutet hat. Das Flugblatt, in dem der Betroffene mit Vornamen und Namen angeredet und auch dessen Adresse und sein Arbeitgeber genannt werden, ist unter anderem „an alle Nachbarn“ gerichtet.

Der zuständige Staatsschutz Bielefeld ermittelt. Nachdem sie Hinweise auf die Aktion erhalten hatte, fuhr die Paderborner Polizei in der Nacht verstärkt Streife in der Stadtheide. Dabei wurden mehrere verdächtige Personen kontrolliert. Eine von ihnen trug mehrere dieser Flugblätter bei sich. Der Inhalt werde auf mögliche strafrechtliche Relevanz – zum Beispiel Verleumdung – geprüft, sagte Dirk Sander, Beamter des Staatsschutzes, gegenüber der NW.

Derartige „Outings“ sind für den Staatsschutz, der für politisch motivierte Kriminalität und deren Verhütung zuständig ist, nichts Neues. Einer der jüngsten Fälle in Ostwestfalen entpuppte sich allerdings als peinliche Verwechslung. In Bielefeld wurde im November – wegen Namensgleichheit – ein völlig unbescholtener Bürger auf Hunderten von Flugblättern als angeblicher vorbestrafter Nazi denunziert – mit vollem Namen und voller Adresse.

Eine solche Verwechslung dürfte im Paderborner Fall allerdings kaum vorliegen. Der dort genannte Paderborner ist für den Staatsschutz jedenfalls „kein Unbekannter“, wie Dirk Sander bestätigte. Das Flugblatt behauptet, der junge Mann sei seit mehreren Jahren mit einer Paderborner „Hooligan-Gruppe“ von Fußballfans unterwegs, die „mit Rechtsextremen durchsetzt“ sei. Der Mann aus der Stadtheide soll auch regelmäßig bei überregionalen Neonazi-Aufmärschen dabei sein. Als seine „geistige Heimat“ werden unter anderem die Neonazi-Gruppierungen „Freie Kameradschaft Höxter“ und das nach dem früheren NSDAP-Parteibezirk benannte Netzwerk „Westfalen-Nord“ beschrieben.

Außer „Kollap’s & Antifaschistische Gruppen aus OWL“ benennt das Flugblatt keinen Verfasser oder presserechtlich Verantwortlichen. Laut einem anonymen Schreiben, das die Verfasser des Flugblattes an diese Zeitung richteten, verbirgt sich hinter dem Kürzel „Kollap’s“ die Gruppe „Kollektiv Antifaschismus Paderborn“, die sich nach eigenem Bekunden „intensiv mit der Neonaziszene und ihren Aktivitäten in und um Paderborn“ befasst. Dem Staatsschutz ist „Kollap’s“ dagegen bislang kein Begriff.

Die Verfasser des Flugblattes bezichtigen die Neonaziszene, für den Einbruch in das linke Info-Zentrum „Infoladen“ an der Leostraße in der Nacht zum ersten Weihnachtstag verantwortlich zu sein, bei dem mehrere Fensterscheiben zu Bruch gingen. Zuletzt sei von den Neonazis am Abend des 22. Januar ein sogenanntes „Oi-Punk-Konzert“ in der Kulturwerkstatt gestört worden, das in eine Schlägerei ausartete. Wenn die der härten Gangart zuzurechnenden musikalischen Stilrichtungen Oi und Punk aufeinander prallen, ist nach Erkenntnissen des Staatsschutzes häufiger auch Publikum aus der linken und rechten politischen Szene zur Stelle.

Der Einbruch in den Infoladen ist bislang nicht aufgeklärt. Von der Schlägerei in der Kulturwerkstatt weiß die Polizei zwar; die Prügelei wird aber nicht weiter verfolgt, weil bis jetzt keine Strafanzeige vorliegt.