„SOS Mittelmeer“
Die Abschottung Europas und ihre tödlichen Folgen
Vortrag von Elias Bierdel
Alte Feuerwache („Großer Saal“)
Melchiorstraße 3, 50670 Köln
Seit Anfang der 1990er Jahre wird die neu entstandene Außengrenze des „Schengen“-Raums mit großem Aufwand „gesichert“. Koordiniert von der EU-Grenzschutz-Agentur FRONTEX ist eine Abwehrschlacht im Gange, die vor allem die Eindämmung illegaler Einwanderung zum Ziel hat. An den Landgrenzen erinnern die Zustände bis ins technische Detail fatal an den einstigen „eisernen Vorhang“. Auf See werden Flüchtlingsboote von Marineschiffen unter Bruch aller internationalen Rechtsnormen auf offener See abgedrängt und mit Gewalt zur Umkehr gezwungen. Selbst Amnesty International spricht mittlerweile von einem „Krieg gegen Flüchtlinge“. Über 15.000 Todesopfer an den EU-Außengrenzen wurden bisher dokumentiert.
Elias Bierdel, Journalist, arbeitet u.a. am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) und kennt die Not der Flüchtlinge im Mittelmeer aus persönlicher Erfahrung:
Er war Vorsitzender von „Cap Anamur / Deutsche Notärzte e.V.“ und an Bord der Cap Anamur, als das Schiff 37 afrikanische Flüchtlinge aus Seenot rettete und sie, eskortiert von der italienischen Küstenwache, an Land brachte. Im sizilianischen Lampedusa wurde Bierdel zusammen mit seinem Kapitän zunächst inhaftiert, später angeklagt, 2009 endlich freigesprochen. Der italienische Staatsanwalt hatte vier Jahre Haft und 400.000 Euro Geldstrafe gefordert.
Elias Bierdel kann sich über das Ergebnis „nicht wirklich freuen“, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und „das Sterben geht weiter“. Und die von der Cap Anamur damals geretteten Flüchtlinge wurden von Italien nach kurzer Zeit deportiert.
Über seine Erfahrungen veröffentlichte Elias Bierdel 2006 das Buch „Ende einer Rettungsfahrt“, 2007 gründete er die Organisation „Borderline: Europe e.V. – Menschenrechte ohne Grenzen“ zur Dokumentation der zahlreichen Flüchtlingsdramen an den EU-Außengrenzen.
Mit der Kampagne „SOS-Mittelmeer“ setzt er sich für die Unterstützung von Fischern ein, die im Mittelmeer schiffbrüchigen Flüchtlingen das Leben retten und dafür wegen „Fluchthilfe“ vor Gericht gestellt werden.