Newsletter der Flüchtlingshilfe Lippe hier (Link | Facebook)
Als Berater*innen für Flüchtlinge begegnet uns das Thema Freiheit und ihr Fehlen auf vielen Ebenen – in Gesprächen mit Geflüchteten, in der Auseinandersetzung mit Gesetzestexten oder im Kontakt mit Behörden.
Menschen, die zu uns in die Beratung kommen, berichten von verschiedensten Weisen, wie sie ihrer Freiheit beraubt und zur Flucht gezwungen wurden. Familien erzählen, wie sie vor kriegerischen Konflikten flohen, die ihnen die Sicherheit von Leib und Leben nahmen. Frauen berichten von der Flucht vor häuslicher Gewalt und aus Ländern, in denen sie keinen staatlichen Schutz erfuhren. Männer erzählen von Verfolgung aufgrund ihrer religiösen, politischen oder sexuellen Zugehörigkeit. Dies sind nur einige Beispiele, doch in allen Fällen geht es um Freiheit: Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Bewegungsfreiheit. Wo sie fehlt, ist die körperliche und seelische Unversehrtheit in Gefahr. Es ist manchmal schwer, diese Geschichten zu ertragen.Freiheit ist eines der höchsten Güter unserer Zeit und als Recht eines jeden Menschen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Die Genfer Flüchtlingskonvention definiert Flüchtlinge als Menschen, deren Leben oder Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung in ihrem Herkunftsland bedroht ist. Und im deutschen Grundgesetz steht: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Die Gesetze, die die Rechte und Freiheiten von Geflüchteten in Deutschland regeln, sind zuvorderst das Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz.Doch tragischerweise ist in den letzten Jahren eine stetige Verschlechterung des Schutzes der Freiheit geflüchteter Menschen in Deutschland zu verzeichnen. Gesetze werden immer weiter verschärft und zielen längst vermehrt auf Abschreckung und Abschiebung von geflüchteten Menschen denn auf ihren Schutz. Dies geschieht durch massive Begrenzung ihrer Freiheiten – sei es durch Abschottung in Sammelunterkünften, durch Kürzungen von Geldleistungen, durch Entsagen gesundheitlicher Versorgung oder durch gewaltsame Abschiebungen. Die Menschen, die unsere Beratung aufsuchen, leiden mehrheitlich auch nach ihrer Flucht hier in Deutschland unter Unsicherheit und Angst. Ein Gefühl von Freiheit fehlt bei vielen.
Die gesetzlichen Beschränkungen von Freiheit gehen einher mit einer zunehmenden Verrohung im Umgang mit Geflüchteten auf Seiten der ausführenden Behörden und ihren Mitarbeiter*innen. Und dies ist kein entferntes Problem, nein: wir konstatieren es auch hier im Kreis Lippe. Hier finden in letzter Zeit sogar Abschiebungen von Menschen entgegen den Empfehlungen des Petitionsausschusses des Landtags und unter Ignoranz der Entscheidung der Härtefallkommission NRW statt. Viele unserer Klient*innen fürchten sich, die Ausländerbehörde für ihre Anliegen überhaupt aufzusuchen aus Angst, beim vereinbarten Termin überraschend abgeschoben zu werden. Für nicht wenige wird die Behörde selbst zu einem Raum, der Angst und Unfreiheit verkörpert.Im Lichte der weitreichenden Gesetzesverschärfungen wird unser Auftrag als Flüchtlingsberater*innen, geflüchteten Menschen zu den für uns selbstverständlichen Freiheitsrechten zu verhelfen, zu einer immer größeren Herausforderung. Doch auch die Freiheit bei Unterstützer*innen von Flüchtlingen wird immer weiter beschnitten, in Deutschland allgemein wie auch im Kreis Lippe. So droht einem unserer Berater eine Freiheitsstrafe, da er der Polizei im Weg stand, als ein Klient, den er zu einem Termin in der Ausländerbehörde begleitet hatte, panisch vor einer Abschiebung davonlief. Eine Beraterin wurde im letzten Monat von einer leitenden Mitarbeiterin der Ausländerbehörde in einem Nebenraum eingeschlossen, als nebenan der Klient, den sie zu einem Termin begleitet hatte, unvermittelt zur Abschiebung festgenommen wurde – ein klarer Fall von Freiheitsberaubung (lesen Sie unsere Pressemitteilung in diesem Newsletter dazu).Was solche Ereignisse deutlich machen ist, dass in Deutschland nicht nur der Druck gegenüber Geflüchteten selbst immens verstärkt wird. Auch Unterstützer*innen bekommen das zunehmend flüchtlingsfeindlichere Klima zu spüren, in dem ihnen selbst ein immer rauerer Wind entgegenweht. Wir, die Berater*innen der Flüchtlingshilfe Lippe, lassen uns davon nicht abschrecken und stehen weiterhin solidarisch hinter geflüchteten Menschen.