Büren/Düsseldorf – Gleich zwei Verfahren gegen Führungspersonal der Abschiebehaft Büren irritierten die Öffentlichkeit im letzten Jahr. Nun hat die Staatsanwaltschaft Paderborn ermittelt, dass der Anstaltsarzt, der letztes Jahr suspendiert wurde, sich zur Suchtbefriedigung aus der Anstaltsapotheke bedient haben soll.
Anfang des Jahres 2018 hatte die stellvertretende Anstaltsleiterin dreimal die Anweisung erteilt, Medikamente unter das Essen eines Gefangenen zu mischen. Außerdem war sie ohne Grund anwesend, als ein Mann entkleidet wurde. Im November 2018 wurde der Anstaltsarzt suspendiert. Dass dieses zu Recht geschehen ist, hat die Staatsanwaltschaft Paderborn nun festgestellt. Er hatte sich der Medikamente aus der der Anstaltsapotheke bedient, um seine eigene Sucht zu befriedigen.
Aus Sicht des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. stellt dieses nur die Spitze des Eisberges dar. „Es fehlt an funktionierenden Strukturen der Überwachung. In der jetzigen Lage kann der Einrichtungsleiter schalten und walten wie er will, ohne dass es Kontrollen im Vollzug gibt, die solche Missstände verhindern“, so Gockel, Pressesprecher des Vereins. Seit weit über einem Jahr wird zum Beispiel die Arbeit des Vereins eingeschränkt. „Die Gefängnisleitung legt fest, in welcher Reihenfolge wir die Gefangenen sprechen müssen. Wohl wissend, dass wir nicht alle sprechen können, werden dann die Gefangenen, die wir sprechen wollen, oft ans Ende der Liste gesetzt. Oder wir dürfen mit mehreren Beratern und Beraterinnen nur einen einzigen Gefangenen sprechen“, so Gockel. Auch wird die Zuführung der Gefangenen oft in die Länge gezogen, so dass die Vereinsmitglieder sehr lange warten müssen.
Die Gefängnisleitung hat sich von der externen Firma getrennt, die viele Jahre lang die soziale Arbeit wahrgenommen hat. Das Motto der Einrichtung lautet offensichtlich, dass es egal ist, ob ein Skandal passiert, Hauptsache, er wird nicht öffentlich. „Es mangelt auch an einer funktionierenden Kontrollstruktur“, so Gockel. Zwar gäbe es den Beirat, der Verein machte aber die Erfahrung, dass Menschen, die sich an den Beirat wenden, anschließend nicht darauf vertrauen können, von diesem gegenüber der Anstaltsleitung unterstützt zu werden.
Gespräche zwischen dem Verein und der Gefängnisleitung über Vorfälle in der Haft knüpft die Gefängnisleitung an unerfüllbare Bedingungen. Auch das zuständige Ministerium scheint an einem Dialog kein Interesse zu haben. Zwar hat es im Frühling einen Termin gegeben, auf dem Folgetermine vereinbart wurden, eine weitere Einladung gab es jedoch nicht.
Selbst die Vorschläge zu den Haftverbesserungen der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, welche die Anstalt letztes Jahr besuchte, wurden ignoriert. (Link zum PDF)
„Wenn wir von Gefangenen erfahren, dass sie von einem Mitarbeiter provoziert werden, wie sollen wir dann reagieren?“, fragt sich Gockel. Ohne einen Nachweis, der oft nicht verfügbar ist, wird es sehr schwierig, dieses Handeln abzustellen. Die beiden Vorfälle mit leitenden Beamten der Einrichtung sind aus der Erfahrung des Vereins nur die Spitze des Eisberges. Er fordert daher endlich eine unabhängige Kontrolle unter Einbeziehung aller Akteure der Einrichtung.
(Bericht und Empfehlung der Kommission zur Verhütung von Folter)