Quelle: http://thevoiceforum.org/node/2586
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Protest der iranischen Flüchtlinge in Würzburg verschärt sich (siehe 30. Pressemitteilung weiter unten). Die Flüchtlinge, die seit nun über drei Monate im Streik sind, haben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis nächsten Mittwoch, bis zum 101. Tag des Protestes, eine Frist gesetzt. Erfolgt keine Reaktion, werden zwei der Flüchtlinge ab dem 27. Juni das Trinken von Wasser ebenfalls aussetzen. Sie sind durch den langen Protest und den strengen Auflagen der Stadt Würzburg bereits körperlich erschöpft.
Ihr Wille ist weiterhin ungebrochen. Um den Protest aber zu beenden und die Stimmen der Flüchtlinge zum Schweigen zu bringen, versucht die Stadtverwaltung Würzburg weiter Druck auf die Protestierenden auszuüben.
Die strengen Auflagen, die beschränkte Zahl der Betten und Stühle, gelten weiterhin. Mit der Residenzpflicht werden sie bedroht. Auf die einzige Frau innerhalb des Protests wird, durch die Drohung ihre Tochter zu verlegen, Druck ausgeübt. Polizeibesuche sind an der Tagesordnung.
Anstatt zu fragen, was die Ursachen für diese Aktion ist, werden die Flüchtlinge mit Repressionen belegt. Der Protest der Würzburger Flüchtlinge steht in direktem Zusammenhang mit dem Tod von Mohammad Rahsepar. Ihr Protest richtet sich gegen die bewusst angewendete Isolation und Zermürbung der Flüchtlinge durch staatliche Institutionen. Es richtet sich gegen die jahrelange Internierung und Tötung des Menschseins in Lagern.
Links zu der Faxkampagne: http://thecaravan.org/node/3256
Facebookseite der streikenden Flüchtlinge: http://www.facebook.com/GUStreik
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30.Pressemitteilung seitens der hungerstreikenden iranischen Flüchtlinge in Würzburg (Bayern)
22. Juni 2012, veröffentlicht auf http://gustreik.blogsport.eu/
Heute ist der 97. Tag des Protests und des Hungerstreiks der iranischen Flüchtlinge in Würzburg.
97 Tage lang haben wir gegen die unmenschlichen Asylbedingungen protestiert. In unserem Streik forderten wir die Bearbeitung unserer Asylanträge. Wir forderten die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte; wir forderten die Abschaffung der Residenzpflicht, die gegen das Menschenrecht der Freizügigkeit verstößt. Aber es kam weder zu einer Veränderung der allgemeinen Asylpolitik noch wurden alle unsere Anträge
bearbeitet.
Streikende, die mit ihrer Teilnahme an dieser Streikaktion in Würzburg gegen ihre Residenzpflicht verstoßen, wurde mit Strafanzeigen und der Rückführung in die unmenschlichen Asylbewerberheime ihrer Herkunftsstädte gedroht.
Zwar wurde die Verlängerung unseres Streiks genehmigt, aber der Verweis auf den Verstoß gegen die Residenzpflicht und die drohenden Rückführung scheint uns eine Zermürbungstaktik zu sein, mit der dieser Protest erstickt werden soll.
Gemeinschaftsunterkünfte drängen die Menschen in Quarantäne, treiben sie in den Selbstmord, fördern psychische Erkrankungen und verhindern jede soziale Integration.
Wir stellen klar, dass wir nicht in die Gemeinschaftsunterkünfte zurückgehen und uns wieder in solche unmenschlichen Lebensumstände begeben.
Der Landkreis ist für uns ein Gefängnis mit unsichtbaren Mauern und wir wollen nicht länger wie Verbrecher behandelt werden. Wir haben hier Schutz gesucht.
Reza Feizi und Payam Rahoo sind Flüchtlinge, die nach etwa zweijähriger Wartezeit, erst durch ihre Teilnahme am Hungerstreik und durch das Zunähen ihrer Lippen ihre Anerkennung als politische Flüchtlinge erhalten haben. Mit dem Erhalt ihrer Anerkennung haben sie ihre Lippen geöffnet und das Zelt verlassen, um ein normales Leben aufzunehmen.
Unsere Frage an die deutsche Regierung ist folgende: Müssen Flüchtlinge erst in den Hungerstreik treten und ihre Lippen zunähen, um eine Bearbeitung ihrer Asylanträge zu bewirken?
Frau Mandana Hemat Esfeh, die sich ebenfalls mit zugenähten Lippen dem Hungerstreik angeschlossen hat, hat noch keine Antwort erhalten. Obwohl sie auf Bitten ihrer Freunde und der anderen Streikenden ihre Lippen geöffnet hat, erhielt sie heute die Nachricht, dass ihre Essenspakete eingestellt und ihre Tochter in eine andere Gemeinschaftsunterkunft verlegt werden soll, sofern sie nicht nach Bayreuth zurückkehrt. Auf diese Weise wird die Tochter von Mandana zu einem Druckmittel instrumentalisiert, um den Protest der Mutter zu zerschlagen.
Warum müssen im Jahr 2012 in einem Land, in dem Meinungs- und Demonstrationsfreiheit herrscht, solche Mittel eingesetzt werden, um die Menschen zum Schweigen zu bringen?
Schließlich verkünden wir, die hungerstreikenden iranischen Flüchtlinge in Würzburg: Wenn die für die Bearbeitung der ausstehenden Asylanträge Verantwortlichen, bis Mittwoch 27.06.2012, also in fünf Tagen, die ausstehenden Anträge nicht bearbeiten sollten, werden Mohammad Hassanzadeh Kalali und Arash Doussthossein in den verschärften Hungerstreik treten und selbst auf das Trinken von Wasser verzichten. Das ist eine ernsthafte Warnung: Zu dieser Zeit werden sie sich bereits seit 101 Tagen im Streik und davon 50 Tage im Hungerstreik befinden. Der verschärfte Hungerstreik wird dann zu einer noch ernsthafteren Gefährdung ihrer Gesundheit werden.
Wir möchten uns bei allen Gruppen, die sich für die Verbesserung der Asylpolitik einsetzen und bei allen Würzburgern/innen, die uns unterstützt haben, bedanken. Wir fordern alle Menschenrechtsorganisationen auf, unsere Forderungen zu unterstützen und uns bei unserem Protest zu begleiten.
Wir bedanken uns zudem bei den Mitarbeitern/innen des Juliusspital, die uns medizinisch versorgt haben.
Kontaktperson: Baset Soleimani 0175/77247619; 0176/71080087
Spendenkonto:
Karawane Nürnberg
Kto: 3501817
BLZ:52060410
Evangelische Kreditgenossenschaft e.V.
Verwendungszweck „ Würzburg“