Die zukünftige Landesregierung in Schleswig-Holstein aus SPD, Grünen und SSW hat in ihrem Koalitionsvertrag auch Aussagen über Abschiebehaft gemacht (Zeile 2344ff). Demnach hält sie „Abschiebehaft grundsätzlich für eine unangemessene Maßnahme“, weswegen die Abschaffung der Abschiebehaft auf Bundesebene angestrebt werde.
Bis dahin solle sie in Schleswig-Holstein „humanitär, sozial und medizinisch gerecht“ gestaltet werden. Da stellen sich schonmal zwei Fragen: wie war sie bisher gestaltet (humanitär ungerecht?), und wie hat man sich eine „gerechte“ Gestaltung der Abschiebehaft vorzustellen? Die Antwort folgt: wir nennen Knast nicht mehr Knast, sondern „geschlossene Einrichtung“: „Die Abschiebungshaftanstalt Rendsburg wird geschlossen. Die Inhaftierung in einer JVA ist nicht zulässig. Die Unterbringung erfolgt, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, künftig in einer hierfür geeigneten geschlossenen Einrichtung.“
Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, dass immer mehr Knäste abgewickelt werden. Auch in Ingelheim wird derzeit an einem Runden Tisch über die Zukunft der Abschiebehaft in Rheinland-Pfalz diskutiert, auch die dortige JVA soll aufgelöst werden. Unklar ist bislang, wie die genannten goldenen Käfige geschlossenen Einrichtungen genau aussehen sollen, wer sie betreibt und auf welcher Rechtsgrundlage. Werden die Kirchen in Zukunft Flüchtlinge hinter Stacheldraht „unterbringen“ und dies als „Alternative zur Abschiebehaft“ verkaufen? Erste Überlegungen in dieser Richtung lassen das vermuten. In einem „Grundlagenpapier zur Neukonzeption des Abschiebungshaftvollzuges in Rheinland-Pfalz“ ist von einem Paradigmenwechsel die Rede, der dringend notwendig sei. Ausdruck dieses Paradigmenwechsels: Gitter und Zäune sind so anzubringen, dass die Häftlinge möglichst wenig davon sehen, da ist von maximaler Freiheit nach innen die Rede. Inhaftierte sollen sich auf den Fluren, in den Beschäftigungsräumen und den Außenbereichen möglichst ungehindert bewegen dürfen. Außen patrouilliert die Kavallerie. Die Verfasser_Innen des Papiers (NGOs und Kirchen) scheinen zwischendurch selbst vergessen zu haben, dass die Insassen nach wie vor eingesperrt sind, anders lassen sich solch zynische Sätze wie der Folgende nicht erklären: „Da die Inhaftierten ob ihrer Situation zumeist ein großes Bewegungsbedürfnis haben, ist die Einrichtung eines Trimm-Pfades mit verschiedenen Modulen wünschenswert.“ Die Abschiebehäftlinge sollen wohl über den Bastel- und Sportangeboten vergessen, dass sie demnächst gegen ihren Willen abgeschoben werden. Von (ausländer-)rechtlicher Beratung ist an keiner Stelle die Rede.
Keine Knäste, keine Lager! Bewegungsfreiheit für alle!