Wiesbaden: Gegen die IMK und ihre Freund_Innen

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Bündnisaufruf

Wenn De­le­gier­te aus ver­schie­de­nen Län­dern nach Wies­ba­den kom­men um zu The­men wie Mi­gra­ti­on, Grund­rech­te und Po­li­zei­ge­walt zu ar­bei­ten, dann klingt das nach einer span­nen­den Sache. Han­delt es sich bei die­sen De­le­gier­ten je­doch um die 17 alten deut­schen Her­ren der In­nen­mi­nis­ter­kon­fe­renz (IMK) sieht das Ganze nicht mehr so rosig aus. In halb­jähr­li­chen Tref­fen fäl­len sie Be­schlüs­se, die die Si­cher­heit der Men­schen vor dem Staat in Ge­fahr bringt.

„Wir brau­chen die, die uns nut­zen und nicht die, die uns aus­nut­zen. Das soll­te unser Pro­gramm­satz für die Zu­wan­de­rungs­po­li­tik sein.“ Hans-​Pe­ter Fried­rich(Bun­des­in­nen­mi­nis­ter)

Mit der fak­ti­schen Ab­schaf­fung des Asyl­rechts im Jahr 1993 schaff­te es die­ser Leit­satz ins Grund­ge­setz. „Be­darfs­ori­en­tier­te Zu­wan­de­rung“ nennt es sich, wenn Men­schen nur nach ihrem Nut­zen für die deut­sche Wirt­schaft be­wer­tet wer­den. Kon­kret be­deu­tet das, dass viele Flücht­lin­ge kein si­che­res Auf­ent­halts­recht be­sit­zen und von Ab­schie­bung be­droht sind, so­bald sie als „nutz­los“ für die deut­schen Markt­in­ter­es­sen gel­ten. Die­je­ni­gen die der deut­sche Staat nur „dul­det“ wer­den durch die Re­si­denz­pflicht schi­ka­niert. Zudem wer­den Men­schen die zur Ab­schie­bung ver­füg­bar sein sol­len in Ab­schie­be­knäs­ten mo­na­te­lang ge­fan­gen ge­hal­ten. Die IMK ist nicht be­reit diese Zu­stän­de ab­zu­schaf­fen. Man muss schon „dank­bar“ sein, wenn sich dort keine neuen Schi­ka­nen aus­ge­dacht wer­den. Deut­sche Asyl­po­li­tik be­ginnt je­doch nicht an deut­schen Gren­zen son­dern wird be­quem out­ge­sour­ced: Flüch­ten­de wer­den be­reits an den eu­ro­päi­schen Au­ßen­gren­zen von der Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex ab­ge­fan­gen, wel­che vom eu­ro­päi­schen Par­la­ment immer mehr Rech­te zu­ge­spro­chen be­kommt und so zu­neh­mend selbst­stän­di­ger und un­ab­hän­gi­ger wird. Fron­tex geht dabei laut Pro­Asyl mit »mas­si­ver Auf­rüs­tung und Ab­schre­ckung, De­mü­ti­gun­gen, Miss­hand­lun­gen bis hin zu il­le­ga­len Zu­rück­wei­sun­gen« gegen Flücht­lin­ge vor. In den letz­ten 20 Jah­ren star­ben über 8.​000 Men­schen im Mit­tel­meer beim Ver­such ein bes­se­res Leben in Eu­ro­pa zu er­rei­chen.

„Einen Staat, der mit der Er­klä­rung, er wolle Straf­ta­ten ver­hin­dern, seine Bür­ger stän­dig über­wacht, kann man als Po­li­zei­staat be­zeich­nen.“ Ernst Benda (ehem. Prä­si­dent des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts)

Doch nicht nur im men­schen­ver­ach­ten­den Flücht­lings­po­li­tik sucht der Staat Ef­fi­zi­enz­stei­ge­rung und Op­ti­mie­rungs­stra­te­gi­en. Im so­ge­nann­ten Kampf gegen den Ter­ror hat sich die IMK in letz­ter Zeit ei­ni­ges ein­fal­len las­sen. Vi­deo­über­wa­chung öf­fent­li­cher Plät­ze und Ge­bäu­de neh­men wei­ter zu. Selbst in all­täg­li­chen Be­rei­chen wie ÖPNV und Fuß­ball­sta­di­en kommt es zu re­pres­si­ven Maß­nah­men um bei­spiels­wei­se das Si­cher­heits­ri­si­ko Fuß­ball­fan zu re­du­zie­ren. Der ex­zes­si­ve Ein­satz von „we­ni­ger-​töd­li­chen Waf­fen“ wie Pfef­fer­spray, mo­der­nen Was­ser­wer­fern und neu­er­dings Pep­per­balls und Te­le­skop-​Schlag­stö­cken, führt immer wie­der zu schwe­ren Ver­let­zun­gen bis hin zu ge­sund­heit­li­chen Spät­fol­gen. In der Ver­gan­gen­heit wur­den diese Mit­tel schon gegen Sitz­blo­cka­den an­ge­wen­det. Die au­to­ma­ti­sche KFZ-​Kenn­zei­chen­er­fas­sung soll neu­er­dings zur lü­cken­lo­sen Über­wa­chung des Ver­kehrs die­nen. Ohne Be­trof­fe­ne zu in­for­mie­ren ist es mög­lich Com­pu­ter mit­tels der On­line­durch­su­chung aus­zu­spio­nie­ren, was ver­hin­dert, dass diese da­ge­gen kla­gen kön­nen. Wie die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung trotz „stö­ren­dem“ Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ein­ge­führt wer­den kann soll bei die­ser IMK be­spro­chen wer­den. Die Auf­zäh­lung könn­te noch be­lie­big lange wei­ter ge­führt wer­den. Was die­ser Kampf gegen den Ter­ror be­deu­tet, er­fuh­ren De­mons­tran­t_in­nen und An­woh­ner_in­nen die­ses Jahr in Dres­den. Auf­grund der Blo­cka­de eines Na­zi­auf­mar­sches über­wach­te die Po­li­zei flä­chen­de­ckend Han­dys und er­stell­te Be­we­gungs­pro­fi­le von über 40.​000 Men­schen.

„Aus die­sem Grund be­grü­ße ich es aus­drück­lich, dass wie­der eine Ko­or­di­nie­rungs­grup­pe der Län­der, unter Fe­der­füh­rung des BKA, die ge­walt­be­rei­te links­ex­tre­me Szene ana­ly­siert. Die­ses Gre­mi­um exis­tier­te be­reits zur RAF Zeit und ist jetzt wie­der ak­ti­viert wor­den. Auch das zeigt den Ernst der Lage.“ Boris Rhein zum Ab­schluss der IMK in Frank­furt (Hes­si­scher In­nen­mi­nis­ter und Gast­ge­ber der IMK)

Im Fokus der IMK steht seit jeher der so­ge­nann­te Links­ex­tre­mis­mus. Der Staat de­fi­niert hier­bei jeden Wi­der­spruch zur „bür­ger­li­chen Mitte“ als ex­tre­mis­tisch. Mit der mitt­ler­wei­le so be­lieb­ten Ex­tre­mis­mus­theo­rie wird die Idee einer Ge­sell­schaft jen­seits von Kon­kur­renz und Ver­wer­tungs­lo­gik mit einer fa­schis­ti­schen Ver­nich­tungs­ideo­lo­gie gleich­ge­setzt. Der Ein­satz von Spit­zeln durch Po­li­zei und Ge­heim­dienst gegen linke Grup­pen wird auf der IMK ko­or­di­niert und vor­an­ge­trie­ben. Ein be­kann­tes Bei­spiel ist Simon Brom­ma, der 2010 in Hei­del­berg ent­tarnt wurde. Im Zuge des bun­des­wei­ten Bil­dungs­streiks be­gann er in Zu­sam­men­ar­beit mit zwei wei­te­ren ver­deck­ten Er­mitt­ler_in­nen die linke und stu­den­ti­sche Szene zu in­fil­trie­ren. Er be­spit­zel­te neun Mo­na­te lang Grup­pen, vom BUND bis zur An­ti­fa. Es zeigt sich, dass kaum ein Mit­tel ge­scheut wird um gegen linke Kri­tik vor­zu­ge­hen. Wer gegen diese Zu­stän­de de­mons­trie­ren will, blickt in die häss­li­che Frat­ze all­täg­li­cher Po­li­zei­ge­walt. Den­noch sind sich die meis­ten In­nen­mi­nis­ter darin einig Straf­tä­ter_in­nen in Uni­form schüt­zen zu wol­len und ver­hin­dern die Ein­füh­rung einer all­ge­mei­nen Kenn­zeich­nungs­pflicht von Po­li­zis­t_in­nen.

„Die meis­ten Men­schen sind über Ter­ro­ris­mus und Kri­mi­na­li­tät be­un­ru­higt, nicht über po­li­zei­li­che Schutz­maß­nah­men.“ Wolf­gang Schäu­b­le (ehem. Bun­des­in­nen­mi­nis­ter)

Wir er­ken­nen, dass die IMK nicht als un­ab­hän­gi­ges Gre­mi­um ge­se­hen wer­den kann. Viel­mehr ist sie in unser der­zei­ti­ges bür­ger­lich-​de­mo­kra­ti­sches Sys­tem ein­ge­bun­den und somit Be­stand­teil und Organ einer herr­schaft­li­chen Ord­nung. In­so­fern rich­tet sich un­se­re Kri­tik auch gegen die deut­sche Ge­sell­schaft und ge­ne­rell gegen das ka­pi­ta­lis­ti­sche Sys­tem. Schließ­lich be­trei­ben die In­nen­mi­nis­ter eine der dring­lichs­ten Auf­ga­ben des Staa­tes im Ka­pi­ta­lis­mus: Be­völ­ke­rungs­po­li­tik. Die Be­völ­ke­rung, das Hu­man­ka­pi­tal also, soll funk­tio­na­li­siert, fle­xi­bi­li­siert und op­ti­miert wer­den, ist der Staat doch exis­ten­zi­ell auf funk­tio­nie­ren­des Hu­man­ka­pi­tal an­ge­wie­sen, um in der Welt­markt­kon­kur­renz gegen an­de­re Staa­ten be­ste­hen zu kön­nen. So­lan­ge der deut­sche Stand­ort stets »ge­stärkt aus der Krise« (An­ge­la Mer­kel) her­vor­geht, er­scheint den treu­en Staats­bür­ger_in­nen eine ag­gres­si­ve Law-​and-​Or­der-​Ideo­lo­gie, sowie der na­tio­na­le Glau­ben an den ei­ge­nen Stand­ort sinn­vol­ler als die Ana­ly­se ge­sell­schaft­li­cher Struk­tu­ren und Macht­ver­hält­nis­se. Dass die ge­stei­ger­te Wirt­schafts­leis­tung des ei­ge­nen Stand­orts die wirt­schaft­li­che De­klas­sie­rung an­de­rer Stand­or­te be­deu­tet, wird al­ler­dings ge­konnt aus­ge­blen­det. Mehr noch: Mi­se­ren an­de­rer Stand­or­te wer­den in so­zi­al­chau­vi­nis­ti­scher und kul­tur­ras­sis­ti­scher Ma­nier zur Folge „ge­wis­ser Ei­gen­ar­ten“ der Kri­sen­ver­lie­rer ver­klärt. Dies zeigt sich an ak­tu­el­len ge­sell­schaft­li­chen Dis­kur­sen wie zum Bei­spiel der Grie­chen­land De­bat­te.

„Das Bun­des­kri­mi­nal­amt, Län­der­po­li­zei­en und das Bun­des­amt für Si­cher­heit und In­for­ma­ti­ons­tech­nik haben die In­itia­ti­ve zur Grün­dung von ‚In­sti­tu­tio­nal Pu­blic Pri­va­te Part­nerships‘ er­grif­fen, die die ver­schie­de­nen Ak­teu­re mit­ein­an­der ver­bin­den sol­len.“ Boris Rhein zum Ab­schluss der IMK in Frank­furt (Hes­si­scher In­nen­mi­nis­ter und Gast­ge­ber der IMK)

Mit sei­nem Ge­walt­mo­no­pol si­chert der Staat die ka­pi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­wei­se, indem er sich für das Pri­vat­ei­gen­tum an Pro­duk­ti­ons­mit­teln ver­bürgt. Kon­trol­le und Herr­schaft sind aber nicht nur in der Hand des Staa­tes –“In­sti­tu­tio­nal Pu­blic Pri­va­te Part­nerships“ sind ein Bei­spiel der Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Staat und Un­ter­neh­men. Zwi­schen den neo­li­be­ra­len Öko­no­mi­sie­rungs-​und Pri­va­ti­sie­rungs­ten­den­zen von Bil­dung und Ge­sund­heit auf der einen Seite und dem post­mo­der­nen Out­sour­cen exe­ku­ti­ver Ge­walt auf der an­de­ren Seite liegt ein Un­ter­schied. Mit dem Out­sour­cing des Ge­walt­mo­no­pols be­droht der Staat sei­nen ei­ge­nen Kern­be­reich und wird zur Ver­wal­tungs­in­sti­tu­ti­on. Unser In­ter­es­se aber ist es nicht den Staat und sein Ge­walt­mo­no­pol zu ret­ten. Statt­des­sen gilt es Staat, Na­ti­on und Ka­pi­tal zu über­win­den. Wir wol­len dass sich die Pro­duk­ti­ons­wei­se an den Be­dürf­nis­sen der Men­schen ori­en­tiert und nicht die Be­dürf­nis­se an der Pro­duk­ti­ons­wei­se. Der bür­ger­li­chen Flos­kel vom »Ende der Ge­schich­te« ( Fran­cis Fu­ku­yama), die den Ka­pi­ta­lis­mus als best­mög­li­che Wirt­schafts­ord­nung be­greift, be­geg­nen wir mit der Mög­lich­keit der Ver­än­de­rung, die den ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen doch im­ma­nent ist.
Dem­nach bleibt uns nichts als die ra­di­ka­le Kri­tik der Ver­hält­nis­se:

Für die so­zia­le Re­vo­lu­ti­on!

Infos: http://imkwiesbaden.blogsport.de