Vierter Verhandlungstag im vierten Prozess im „Rabatz“-Prozess gegen Frank Gockel wegen „Hausfriedensbruch“
Ort der Verhandlung:
Landgericht
Am Bogen 2 – 4
Raum 205
33098 Paderborn
www.lg-paderborn.nrw.de
Am 7. Oktober 2011 wurde vor dem Landgericht Paderborn ein Prozess gegen Frank Gockel wegen „Hausfriedensbruch“ als letzter in den so genannten „Rabatz“-Verfahren auf den 21. Oktober 2011 vertagt.
Ein Grund dafür ist, dass dem Gericht die Polizeiakte, die während der Besetzungszeit im Herbst 2007 angelegt wurde, nur in Auszügen vorliegt, insbesondere die Einsatzberichte der Paderborner Polizei fehlen vollständig. Der Verteidiger von Frank Gockel forderte deshalb Einsicht in die Unterlagen, die das Gericht nun heranziehen will.
Staatsanwalt Gerwald Hartmann zog zudem am 7. Oktober 2011 die Berufung zurück. Damit steht nun mehr im Falle einer Verurteilung ein Strafmaß von höchstens 50 Tagessätzen, zu denen Frank Gockel im März 2010 vom Amtsgericht verurteilt worden war, im Raum.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft tief in die Trickkiste gegriffen, um eine Verurteilung zu erlangen: So wurden zum Beispiel vier Journalisten zu einer Zeugenaussage bei der Polizei bewegt, weil man ihnen eine falsche Belehrung vorlegte. Das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten wurde 2002 geändert, sie müssen seit dem keine Aussagen mehr vor Gericht tätigen. Die Staatsanwaltschaft belehrte die Journalisten aber nach den Gesetzesnormen von vor 2002. Es blieb offen, ob sie dieses bewusst getan hat oder ob die Gesetzestexte der Staatsanwaltschaft tatsächlich nie aktualisiert wurden. Als die Journalisten nun vor Gericht richtig belehrt wurden, verweigerten alle vier ihre Aussagen.
Rabatz – ein Rückblick:
Im Herbst 2007 öffneten junge Menschen ein leerstehendes Haus in der Paderborner Innenstadt unter den Namen Rabatz, um dort ein vielfältiges, unabhängiges Kultur- und Informationsangebot zu schaffen. Vorweg gegangen waren jahrelange Forderungen an die Stadtvertreter, ein solches Haus einzurichten. Die schreckten aber vor dem Wort „unabhängig“ zurück und weigerten sich, ein Gebäude zur Verfügung zu stellen. Als im November das Haus abgerissen wurde, forderte die Polizei die Teilnehmer auf, das Haus zu räumen. Die Kulturschaffenden kamen dieser Aufforderung friedlich nach und verließen das Haus.
Die Stadt Paderborn, insbesondere der Bürgermeister Heinz Paus, wollte allen Beteiligten klar machen, wer der Herrscher der Stadt ist und überzog fast alle Besucher des Hauses mit Strafverfahren. Hiervon wurden lediglich Ratsmitglieder und die Journalisten ausgenommen. Ziel der Stadt war es, durch die Strafverfahren und die Verurteilungen die weiteren Berufsperspektiven der jungen Menschen zu verbauen. Letztendlich ging die Strategie jedoch nicht auf. Alle Verfahren endeten im untersten Strafrahmen oder mit Freisprüchen.
Im letzten Prozess soll nun Frank Gockel verurteilt werden. Ihm wird vorgeworfen, er sein der „Rädelsführer“. Für die Gerichte in dem herrschenden System ist es unverständlich, dass es Menschen gibt, die ihr Zusammenleben in einem Konsensprinzip regeln und bei denen es keine „Herrscher“ gibt.
Frank Gockel stand bereits zwei Mal vor Paderborner Gerichten, zwei Mal wurde er verurteilt. Bei der letzten Verurteilung ging das Gericht sogar über die Forderung von der Staatsanwaltschaft hinaus, weil der Richter wollte, dass Gockel, der bisher eine weiße Weste hat, durch das Urteil vorbestraft wird.
Dies erfolgte zu Unrecht, wie das Oberlandgericht Hamm in einem dritten Verfahren feststellte. Es verwarf alle Gründe, die die vorhergehenden Gerichte anführten. Mit der bisherigen Beweislage kann es zu keiner Verurteilung kommen, so die Meinung des OLG. Und selbst wenn neue Beweise auftauchen sollte, dürfte das Strafmaß nur im unteren Rahmen, zum Beispiel bei einer mündlichen Verwarnung liegen.
Am 21. Oktober 2011 um 11 Uhr findet nun die weitere Verhandlung vor dem Landgericht Paderborn statt. Es bleibt weiterhin spannend, denn es ist nicht klar, mit welchen Tricks die Staatsanwaltschaft noch arbeiten wird. Der Bund Deutscher PfadfinderInnen Paderborn ruft daher zur weiteren Prozessbeobachtung auf.