Die Weltwirtschaftskrise der letzten Jahre fand ihren brisantesten Ausdruck in der Staatsverschuldungskrise Griechenlands: Sie traf einen wirtschaftlich und gesellschaftlich krisenhaften Staat, führte ihn zum beinahen Staatsbankrott und zu einem 750 Milliarden schweren “Rettungsschirm” aus der E.U. Der Staat verwandelte sich innerhalb von Wochen in ein Experimentierfeld einer neuen “Schockpolitik”: Unter dem Diktat der E.U. und I.W.F. setzt die griechische Regierung auf ein enormes Sparprogramm um die “Ausquetschmaschinerie” der Bevölkerung im Gang zu setzen. Über die reelen Ursachen reden dennoch wenige: Wie hat sich die griechische Wirtschaft seit dem Eintritt in die E.U. entwickelt und was bedeutete der Beitritt in die Eurozone? Warum traf die Krise grade Griechenland?
Die staatlichen Krisenmaßnahmen blieben nicht unbeantwortet. Die Krisenproteste gegen die Sparmaßnahmen der Regierung entwickelten sich im letzten Frühjahr kurzzeitig zu einer Massenbewegung. Die von den sozialdemokratisch Gewerkschaften beeinfußten Streikdemos und die zahlreichen kreativen Aktionen von Lohnabhängigen erreichten die größte Mobilisierung seit dem Ende der Militärdidaktur und eröffneten europaweit Perspektiven und Diskussionen über einen möglichen heißen Herbst. Welche Perspektiven ergaben und ergeben sich in den Auseinandersetzungen mit der Vermittlung und Legitimierung der Krisenmaßnahmen. Ist der erwartete heiße Herbst eingetroffen? Was hindert einen staatskritischen Protest? Und was sollte vielleicht für uns hier in der BRD effektive Solidarität heißen?
Mike Morrelli vom Antifa AK Köln geht erstmal auf die Ursachen und die Entwicklung der Staatsverschuldungskrise Griechenlands ein. Dabei wird die spezielle Lage der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft erklärt.
Dann zeichnet er die Reaktionen gegen den Sozialabbau und den Aufbruch antiautoritärer Aktionsformen in Griechenland nach und kritisiert die staatsaffirmativen und nationalistischen Positionen in der griechischen und deutschen Linken. Daraus ergibt sich eine aktuelle Einschätzung der Lage im “Krisenland” und welche mögliche Folgen und Perspektiven sich ergeben.
Ort: SZ Bochum