Bad Nenndorf: Neonazistischen „Trauermarsch“ verhindern!

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Ab 08.00 Uhr Frühstück auf der Bahnhofsstraße, 31542 Bad Nenndorf

Diese Straße führt vom Bahnhof bis zum Winklerbad und stellt den Großteil der Route des Nazi-Aufmarsches dar.

Demonstration und Kundgebung: Bunt statt Braun – Den Nazis entgegentreten! – Auftaktkundgebung zur Demonstration um 10.30 Uhr:

Bornstraße
31542 Bad Nenndorf

Kundgebung von 12.00 bis 16.00 Uhr:

Thermalbad
Bahnhofstraße
31542 Bad Nenndorf

Aufruf von Bad Nenndorf ist bunt – Bündnis gegen Rechtsextremismus: Bunt statt Braun – Den Nazis entgegentreten!

Am 14. August 2010 planen Neonazis den 5. „Trauermarsch“ zum Wincklerbad in Bad Nenndorf. Sie wollen das ehemalige britische Verhörzentrum (1945 bis 1947) zu einer überregionalen rechtsradikalen Gedenkstätte machen. Bis zum Jahre 2030 haben sie ihre „Gedenkmärsche“ schon angemeldet.

Seit 2006 konnten die Nazis ihre Teilnehmerzahlen jedes Mal steigern. Im vergangenen Jahr versammelten sich bereits über 700 Rechtsradikale in dem Kurort. Inzwischen bewerben sie den „Trauermarsch“ in ganz Deutschland und dem nahegelegenen Ausland. Es ist davon auszugehen, dass sie Bad Nenndorf zu einem Ersatz für die seit 2005 verbotenen Aufmärsche zugunsten des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess im bayerischen Wunsiedel machen wollen. Ihre Absicht ist die Verharmlosung der NS-Kriegsverbrechen und die Aufrechnung mit Misshandlungen von Gefangenen durch die Siegermächte.

Im Verhörzentrum Wincklerbad waren führende Nazis wie der SS-Obergruppenführer Oswald Pohl inhaftiert, Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS. Er war unter anderem für die Organisation des Holocaust und die wirtschaftliche Ausbeutung der KZ-Häftlinge verantwortlich. Er wurde wegen der Ermordung Zehntausender unschuldiger Menschen in Nürnberg zum Tode verurteilt. In Bad Nenndorf landeten aber auch Menschen auf Grund vager Verdächtigungen und vermeintliche sowjetische Spione. Es kam dort zu Misshandlungen und Folterungen, weshalb das Lager 1947 von den Briten geschlossen wurde.

In Bad Nenndorf wächst der Widerstand gegen die Neonazis. 2009 waren mehr als 1.500 Menschen an Gegenaktionen beteiligt. Im Jahr 2010 mobilisieren Vereine, Institutionen und Organisationen gemeinsam für das Ziel: Nazis raus – Bad Nenndorf bleibt bunt!

Wir fordern ein Verbot der Nazi-Aufmärsche am Wincklerbad in Bad Nenndorf.

Wir stehen für eine weltoffene, demokratische und solidarische Gesellschaft.

Wir zeigen Zivilcourage, wir bekämpfen alle Spielarten des Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

Wir rufen alle Menschen auf, gemeinsam mit uns friedlich gegen den Nazi-Aufmarsch zu demonstrieren.

Aufruf von www.badnenndorf.blogsport.de: NS-Verherrlichung stoppen! – No pasaran!

Auch diesen August wollen wieder Hunderte Neonazis aus Deutschland und dem benachbarten Ausland ihren „Gedenk“- Marsch in Bad Nenndorf abhalten. Ihrer Darstellung nach trauern sie um die Menschen, die während ihrer Inhaftierung im Winklerbad verstorben sind. Das Winklerbad war nach dem Zweiten Weltkrieg Verhörlager der britischen Armee, in dem unter anderem Oswald Pohl, SS-General und Leiter des SS- Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes und somit zuständig für die Konzentrationslager inhaftiert war. In Wahrheit geht es ihnen aber nur darum, die Geschichte zu ihren Gunsten um zu deuten. Aus deutschen Tätern sollen Opfer „alliierter Gewaltherrschaft“ werden. Die Teilnehmerzahlen an diesem Aufmarsch steigen von Jahr zu Jahr. Es ist der größte Aufmarsch Norddeutschlands und der drittgrößte in der BRD.

Gegenproteste

Seit dem ersten Aufmarsch gibt es auch Proteste dagegen und Versuche den Aufmarsch zu verhindern. Diese wurden aber, durch ein massives Polizeiaufgebot be- beziehungsweise verhindert. Nichtsdestotrotz gab es immer wieder einfallsreiche Aktionen die den Aufmarsch verzögerten oder stören konnten. Gänzlich verhindert werden konnte er leider bisher nicht.

Und 2010? Dresden nach Bad Nenndorf holen!

Der 13.02.2010 in Dresden hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, einen Nazi-Aufmarsch komplett zu verhindern. Was in einer Großstadt funktioniert, sollte doch in einem kleinen Dorf erst recht klappen. Wenn Tausende GegendemonstrantInnen Dresden lahm legen konnten, welche Wirkung hätten sie dann erst auf die Lage in Bad Nenndorf? Deshalb rufen wir zu Massenblockaden am 14.08.2ß10 in Bad Nenndorf auf!

Massenblockaden?

Das Konzept der Massenblockaden bedeutet einen öffentlich angekündigten „Regelverstoß“. Die Teilnahme an dieser Aktion ist außerdem nicht mit großem Risiko verbunden, denn es handelt sich um eine offene Aktionsform, an der jede/r teilnehmen kann.

Uns ist wichtig, dass möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen politischen Spektren und gerade auch die mit weniger Aktionserfahrungen teilnehmen können. Es gibt verschiedene Formen des Widerstandes gegen Nazi-Aufmärsche. Gerade die Vielfalt an Aktionsformen, die nicht gegeneinander, sondern neben- und miteinander stattfinden, kann dem Aufmarsch wirksam etwas entgegensetzen. So wird die Teilnahme an der Aktion auch für Unerfahrene berechenbar. Trotzdem ist das Konzept klar auf eine praktische Politik der Verhinderung des Nazi-Aufmarsches gerichtet.

Eine solche Massenblockade kann nur durch ein breites gesellschaftliches Bündnis von unterschiedlichen politischen Spektren, wie es in vielen anderen Städten existiert, realisiert werden.

Nazi-Aufmärsche zu Krisenherden! – Deswegen brauchen wir eure Unterstützung:

Unterstützt die Massenblockaden gegen den Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf! Verteilt diesen Aufruf! Organisiert Informationsveranstaltungen und Busse für den 14.08.2010. Unterschreibt den Aufruf auf badnenndorf.blogsport.de.

Kommt in Massen und unterstützt die Blockaden!

www.bad-nenndorf-ist-bunt.com/

Den Aufruf „Gemeinsam blockieren!“ unterstützen:

Antifa-Infoportal Weser/Deister/Leine
Antifa (rk) Wunstorf
Antifaschistische Bewegung Nienburg
Antifaschistische Jugend Minden
Autonome Antifa Bückeburg
Antifaschistische Aktion Hameln-Pyrmont
Antifaschistische Aktion Barsinghausen
Die Linke Barsinghausen
Linksjugend (’solid) Hannover
lLppe alternativ
LiVe – Linkes Vechta
Grüne Jugend Hannover
Jusos Minden-Lübecke
VVN-BdA Kreisvereinigung Göttingen
Campus Grün Hannover
Antifaschistische Initiative Höxter
Theaterkeller-Kollektiv Göttingen
Jano Berlin
Mindener Bündnis gegen Gewalt und rechtsradikale Propaganda
Bündnis für gerechte Bildung Minden
Die Linke / SDS-Hochschulgruppe an der Leibniz Universität Hannover
Aktionsbündnis Minden gegen Nazis
AStA der Fachhochschule Bielefeld
Basisgruppe Geschichte Göttingen
Cable Street Beat – strictly antifascist Gütersloh
Gruppe Sozialistische Kulturarbeit (SKA) Gütersloh
Antifaschistisches Kreisplenum Gütersloh
Courage gegen Rechts Gütersloh
Courage gegen Rechts Rheda-Wiedenbrück
Netzwerk gegen Rassismus im Kreis Warendorf
ver.di-Jugend Niedersachsen-Bremen
DGB-Jugend Hannover
Jugend der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG-Jugend, Bundesjugendvorstand)
Arbeitskreis „Blumen für Stukenbrock“
Vorbereitungskreis Antifa-Workcamp Stukenbrock
Antifaschistisches Komitee Bremen
Die Linke, Ortsverband Bad Nenndorf/Rodenberg
VVN/BdA Landesvereinigung Niedersachsen e.V.
Bad Nenndorf Boys – Ska-Punk seit 2002
a.k.a Rabatz
Linksjugend (’solid) Niedersachsen
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
Junge antifaschistische Initiative Lüneburg (j.a.I.L.)
ver.di-Jugend Süd-Ost-Niedersachsen
ver.di-Jugend Göttingen
ver.di-Jugend Northeim
VVN/BdA Niedersachsen e.V.
Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t., Marburg
Grüne Jugend Göttingen
Jugend Antifa Kreis Osnabrück
Die Linke, Kreisverband Region Hannover
Antifa Syke
Grüne Jugend Niedersachsen
Grüne Jugend Hamburg
Landesarbeitsgemeinschaft Rechtsextremismus/Antifaschismus Die Linke Niedersachsen
Bündnis 90 / Die Grünen Göttingen
ver.di-Bezirk Region Süd-Ost-Niedersachsen, Ortsverein Göttingen
Linksjugend (’solid) Northeim-Göttingen
Pia Zimmermann, Sprecherin der Linksfraktion im Niedersächsischen Landtag
Die Linke Linden-Limmer
Antifa Heinsberg
Antifa Bremen
Antifaschistische Aktion Paderborn
Infoladen Paderborn
Antifa Bad Oldesloe
Antifaschistische Praxis in Bielefeld
SDAJ Gütersloh
Projekt Farbenfroh
Basisgruppe Medizin Göttingen
Landesverband Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen
Sozialistische Jugend – Die Falken, Kreisverband Wolfsburg
Antifa Teltow-Fläming
Dortmund stellt sich Quer
a Gauche – Linke Jugendgruppe Bremen
Red and anarchist Skinheads (RASH) Berlin-Brandenburg
Siempre Antifascista Bündnis
Antifaschistische Aktion Hamm
Antifa-Café Oldenburg
ver.di Jugend Niedersachsen-Bremen
Antifaschistische Union Dortmund
Jusos – Stadtverband Göttingen
Jusos – Unterbezirk Göttingen
Die Linke Stadtverband Versmold
Linksjugend (’solid) Kreis Gütersloh
Linksjugend (’solid) Soltau
Die Linke Kreisverband Gütersloh
Juso-Hochschulgruppe Göttingen

Hintergrund: Der “Trauermarsch” in Bad Nenndorf als Revisionismus-Event

Von einer solch reaktionären Geschichtspolitik profitiert auch die Neonazi-Szene in Ostwestfalen und Schaumburg, die seit 2006 den so genannten „Trauermarsch“ als Ereignis mit revisionistischem Charakter in Bad Nenndorf organisieren. Im Zeitraum von 1945 bis 1947 kam es dort im Wincklerbad laut dem Londoner „Guardian“ zu Misshandlungen an Gefangenen von Seiten der Wärter. Nachdem dies der britischen Öffentlichkeit bekannt geworden war, wurde das Gefängnis 1947 geschlossen und die Ereignisse in einem Prozess in London aufgearbeitet.

Die Skandalisierung dieser Vorgänge seitens der extrem rechten Szene dient einzig und allein der Relativierung des Nationalsozialismus. Die Neonazis vermengen die vermeintlichen mit den tatsächlichen Opfern und wenden dies gegen die Politik der West-Alliierten nach Kriegsende. Sie versuchen ein Gedenken zu etablieren, in dem Mitglieder der Waffen-SS und anderer faschistischer Organisationen zu Märtyrern der Nazi-Bewegung gemacht werden.

Vom regionalen Event zum überregionalen Trauermarsch

Die Teilnehmerzahlen bei den so genannten Trauermärschen in den vergangenen Jahre zeigen, dass die Mobilisierungsfähigkeit des Themas Wincklerbad in der rechten Szene zunimmt.

Heß-Gedenken in Bad Nenndorf?

Der 14. August 2010 könnte auf Grund von einem anderen für die rechte Szene wichtigen Jahrestag entstanden sein: Mitte August waren bis 2004 jährlich Tausende Neonazis im fränkischen Wunsiedel aufmarschiert, um dem NS-Verbrecher Rudolf Heß zu gedenken.

Der 17. August markiert den Todestag von Heß, der in Neonazi-Kreisen als “Märtyrer” verehrt wird. Der Hitler-Stellvertreter hatte sich 1987 in seiner Zelle das Leben genommen.

Aus diesem Anlass waren bis zu 4.500 Neonazis alljährlich nach Wunsiedel gekommen, bis die Versammlungen 2005 verboten waren. Organisator der Heß-Gedenkmärsche war der im vergangene Jahr verstorbene NPD-Vize Jürgen Rieger.

Nach der Streichung des ursprünglich geplanten und angemeldeten Datums 31. Juli teilte das neonazistische „Gedenkbündnis“ mit, die erneute Verschiebung der Demonstration vom 7. auf den 14. August habe „organisatorische Gründe“. Man habe „nach Gesprächen zwischen Verantwortlichen der Organisationsleitung Bad Nenndorf, unterstützenden freien Gruppen, Deutsche-Stimme-Verlag und NPD“ den 14. neuen Termin gewählt.

Rückblick

Am 1. August 2009 demonstrierten rund 750 Neonazis durch das niedersächsische Bad Nenndorf. Hier, in dem nur wenige Kilometer von Hannover entfernt gelegenen Kurort, arbeitet die Neonazi-Szene bereits seit Jahren an der Etablierung eines Wallfahrtortes. Geschichtsklitterung und die Instrumentalisierung der Vergangenheit stehen hier auf dem Programm. Mit Hilfe von „Trauermärschen“ und „Gedenkdemonstrationen“ wird versucht an Soldatentum und das „Dritte Reich“ anzuknüpfen.

2009 konnte sich in Bad Nenndorf die bisherige Entwicklung der Vorjahre abermals fortsetzen: Das Ziel, eine jährlich stattfindende Groß-Demonstration zu etablieren, scheint den dort involvierten Strukturen organisierter Neonazis erfolgreich gelungen zu sein. Bereits seit August 2006 mobilisieren deren Führungsfunktionäre in die Ortschaft und arbeiten an der Errichtung eines neonazistischen Wallfahrtsortes.

„Westfalen-Nord“ und „“Ehrenkomitee 8. Mai“

Initiator der „Trauermärsche“ ist neben den regionalen Kameradschafts-Strukturen um den am 17.03.2010 aus zwanzigmonatiger Haft entlassenen Marcus Winter aus Minden sowie weiteren Führungspersonen der ehemaligen „Nationalen Offensive Schaumburg“ (NOS), die zur Zeit unter der Dachorganisation „Westfalen-Nord“ agieren, das so genannte „Ehrenkomitee 8. Mai“ vom neonazistischen „Netzwerk Nord“.

Nazi-Aufmärsche blockieren

Erstmalig war es 2009 aber auch zu einem breiten Protest mit rund 1.000 Gegendemonstranten gekommen. Bereits am frühen Morgen hatten sich Antifaschistinnen und Antifaschisten an einer Pyramide aus Holz und Beton auf dem Platz vor dem Wincklerbad verkettet, unterstützt durch eine über 100-köpfige Sitzblockade.

Für 2010 rufen unter anderem Bündnis 90 / Die Grünen in Niedersachsen dazu auf, den „Trauermarsch“ zu blockieren. Dies beschlossen die Delegierten auf einem Landes-Parteitag Mitte April in Northeim in einer einstimmig verabschiedeten Resolution.

Kein Ort für die Verherrlichung des Nationalsozialismus, kein Raum für die Verdrehung der Geschichte!