Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Hamburg:
Die gestrige Ankündigung von Innensenator Ahlhaus, Minderjährige (mit
Ausnahme von „Straftätern“) nicht mehr in Abschiebehaft zu nehmen, ist ein Hohn! Laut Medienberichten sitzen zur Zeit zwei minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (MUF) in Hamburg in Abschiebehaft. Und diese Jugendlichen bleiben laut Innenbehörde auch dort, denn einer sei ein „Serientäter“ und der andere „volljährig“, das heißt, er wurde für älter erklärt – so wie es 226 der 402 im Jahr 2009 nach Hamburg gekommenen MUF passiert ist!
Die Hamburger Ausländerbehörde setzt 56% der neuangekommenen MUF „fiktiv“ auf 18 Jahre und/oder schickt sie zu medizinisch fragwürdigen und gesundheitsgefährlichen Altersuntersuchungen ins Institut für Rechtsmedizin, damit sie sie aus Hamburg wegverteilen kann (siehe kürzlich beantwortete Kleine Anfrage auf www.fluechtlingsrat-hamburg.de ). Und sie kann die so für „volljährig“ Erklärten leichter gemäß dem Dublin II-Abkommen in ein Ersteinreiseland an den EU-Grenzen abschieben. Ein Fingerabdruck reicht bei „Erwachsenen“, während bei MUF immerhin ein Asylantrag dort vorliegen muss.
Eine solche „Dublin II-Rücküberstellung“ musste gestern der dritte noch in Haft sitzende MUF erleiden: Ein 15jähriger wurde nach Ungarn abgeschoben – ohne dass sich die Behörden um jugendgemäße Betreuung und seinen Empfang dort gekümmert hätten.
Den Hamburger Beschluss angesichts solcher Tatsachen und der weiter
stattfindenden Abschiebungen auch in Kriegs- und Krisengebiete als
„Abschiebestopp“ zu bezeichnen, wie es in den NDR-Nachrichten geschah, ist eine bewusste Verdrehung von Tatsachen! Wir appellieren an die GAL als Koalitionspartner, eine solche Politik nicht mitzutragen!
Wir fordern von den Hamburger Behörden:
– Eine sofortige, generelle Abschaffung von Abschiebehaft!
– Abschiebestopps auf Landesebene, zumindest in Kriegs- und Krisengebiete!
– Schluss mit den Rücküberstellungen nach der Dublin II-Verordnung, bis zur generellen Abschaffung dieser Regelung zumindest für Minderjährige und andere besonders schutzbedürftige Gruppen!
– Schluss mit den rassistischen „Fiktivsetzungen“ und Einführung eines
rechtsstaatlichen Verfahrens bei gravierenden Zweifeln am Alter von MUF (siehe Vorschläge des Bundesfachverbands UMF auf www.b-umf.de)!
– Inobhutnahme aller hier ankommenden minderjährigen unbegleiteten
Flüchtlinge (MUF) durch das Jugendamt statt Überstellung an die
Ausländerbehörde!
– Schaffung von ausreichend Plätzen zur Unterbringung und Betreuung von MUF und Einstellung von pädagogisch qualifiziertem und muttersprachlichem Personal dafür!