Kampagnenzeitung: Dublin II kippen!

Zum Auftakt der Kampagne gegen Dublin II wurde eine Zeitung erstellt, die die Problematik der Dublin II-Regulation anhand der Situation in Griechenland darstellt. Ebenso beleuchtet werden jedoch das Sterben im Mittelmeer, Einzelschicksale und Ausblicke auf 2010.

Die Zeitung ist in einer Auflage von 10.000 Stück gedruckt worden und kann unter folgender Emailadresse bestellt werden: kampagne [at] dublin2 [punkt] info. Die Zeitung eignet sich zum Auslegen, aber kann auch gerne bei lokalen Aktionen eingesetzt werden.

Kampagnenzeitung Über die Grenze – Dublin II, Flucht und Abschiebung in einem Europa der Grenzen als .pdf herunterladen (857kb)

Wieder Toter durch rassistische Flüchtlingspolitik

Toter bei Flugabschiebung in Zürich
Am Abend des 17. März 2010 stirbt ein 29-jähriger abgewiesener Flüchtling aus Nigeria durch „lagebedingten Erstickungstod“ vor der Ausschaffung am Flughafen in Zürich. Er ist nicht das erste Opfer.

Die Opfer exzessiver Gewaltanwendung bei Flugabschiebungen sind überwiegend schwarzer Hautfarbe – die Frage nach dem strukturellen Rassismus des Behördenvorgehens stellt sich. Darüber hinaus stellen sich alle Fragen, die die Todesfälle der letzten beiden Jahrzehnte begleitet haben: War es wieder ein lagebedingter Erstickungstod? Welche Rolle haben atembehindernde Hilfsmittel gespielt? So wurde dem Nigerianer zum „Schutz vor Selbstverletzungen“ (Behördenangabe) ein Kopfschutz aufgesetzt, wobei er bereits an Händen und Füßen gefesselt war. In welcher Weise haben ggf. Begleitbeamte zusätzlich Zwangstechniken angewendet, die atembehindernd sind bzw. – im Falle des Widerstandes des Abzuschiebenden – auf dessen erhöhten Bedarf an Atemluft nicht Rücksicht genommen? Diese Fragen stellt PRO ASYL in einer Presseerklärung und fordert eine unabhängige Untersuchung des Todesfalles.

Zahlreiche Organisationen haben auf diesen erneuten Todesfall bei einer Abschiebung reagiert. Für heute mittag ist eine Demonstration für Bleiberecht beim Landesmuseum in Zürich angekündigt, die den Todesfall sicherlich thematisieren wird.

Zu einer weiteren Demonstration wird am Sonntag, 21. März in Zürich aufgerufen. Treffpunkt ist um 14 Uhr bei der Tramhaltestelle Central. Unter dem Motto „Ausschaffung ist Mord!“ gibt es einen Knastspaziergang zum Flughafengefängnis Kloten. Der Aufruf des Antirassistischen Netzwerks dazu lautet:

„Diesen Mittwoch ist ein 29-jähriger Flüchtling aus Nigeria bei der gewaltsamen Vorbereitung auf einen Sonderflug nach Lagos in Kloten gestorben. Einmal mehr musste ein Flüchtling für seinen Willen hier bleiben zu wollen mit dem Leben bezahlen.
Zur Erinnerung: Khaled Abuzarifa erstickt 1999 jämmerlich, weil ihm von der Polizei der Mund verklebt wurde. Samson Chukwu starb 2001 in seiner Zelle während Beamte ihn mit Gewalt fesselten. Statt die beteiligten Beamten umgehend wegen Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft zu nehmen, stellen die Behörden das Ganze als tragischen Unfall hin und machen das Opfer zum eigentlichen Täter. Es war ja nur ein Drogenhändler…
Um unsere Solidarität mit den gefangenen Flüchtlingen im Ausschaffungsknast zu zeigen und um diese in ihrem alltäglichen Kampf um ein Bleiberecht zu unterstützen, rufen wir zu einem Knastspaziergang nach Kloten auf!
Ihr nennt es Unfall – wir nennen es Mord!
Ihr nennt ihn Drogenhändler – wir nennen euch Mörder!“

Urteil wegen Rabatz-Besetzung

Im Anschluss an die Besetzung eines städtischen Gebüdes und die Öffnung desselben als autonomes Kulturzentrum RABATZ hat gestern der letzte Prozess gegen einen angeblichen Besetzer stattgefunden. Frank Gockel, Mitglied im Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. und der Bürengruppe Paderborn, ist in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 € verurteilt worden. Er hat Revision angekündigt.

Zum im Verfahren verhandelten Vorwurf des Hausfriedensbruchs äußerte sich Gockel nicht. Für ihn steht die Freiheit der Kultur und der Paderborner Kulturnotstand auf der Agenda.

Als Zeugen waren u.a. zwei Abgeordnete der SPD-Fraktion im Stadtrat geladen, die beide aussagten, Gockel bei einem Ortstermin im Haus gesehen zu haben. Die Ratsfraktion hatte sich damals die Örtlichkeiten zeigen zu lassen, um sich ein Bild zu machen. Dem Anliegen der jungen Leuten hätten sie angeblich positiv gegenüber gestanden. Warum sie nicht wie andere Ratsmitglieder, bei denen explizit von einer Strafverfolgung abgesehen worden ist, von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch gemacht haben, kann nur spekuliert werden. Gabs Posten von der CDU? Oder andere Zusagen? Tatsache ist, dass Stadt und Staatsanwaltschaft heiß drauf waren, Gockel zu verurteilen. Dem Staatsanwalt war darum auch die Strafe zu niedrig, er hatte 2700 € Strafe gefordert.

Presseartikel aus der Neuen Westfälischen und dem Westfälischen Volksblatt vom 18.03.2010

E-Petition gegen Residenzpflicht jetzt online

Seit dem 15. März steht eine E-Petition an den Bundestag gegen die
Residenzpflicht zur Mitzeichnung im Netz. Innerhalb von sechs Wochen, also bis zum 27. April 2010, kann sich jede und jeder, die/der sich
bei epetitionen.bundestag.de registriert, die Petition mitzeichnen
und unterstützen. Wenn in den ersten drei Wochen mindestens
50.000 Unterzeichner/innen zusammenkommen, wird über sie im
Petitionsausschuss öffentlich verhandelt. Eventuell unterstützen
Abgeordnete des Bundestags die Petition, die dann dem Bundestag zum Beschluss vorgelegt wird.

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10249

Protest gegen Abschiebeflug in den Kosovo!

www.aktion302.de

Am Mittwoch den 17.03.2010 geht ab Düsseldorf um 13 Uhr ein Charterflug der Czech-Airlines nach Pristina / Kosovo. Mit diesem Flug sollen Menschen gegen ihren Willen abgeschoben werden.

Die menschenrechtliche Situation im Kosovo ist katastrophal. Insbesondere Minderheiten wie Rroma erwartet dort keine würdigen Lebensperspektiven. Zahlreiche Berichte von Flüchtlings-und Menschenrechtsorganisationen wie z.B. Amnesty International und Pro Asyl verurteilen die Abschiebungen aufs Schärfste.

Wir wollen diese Abschiebungen nicht einfach hinnehmen. Bitte beteiligen Sie sich zahlreich an der unten stehenden Protestaktion (deutsch und englisch), indem Sie der Fluglinie per Mail oder Fax ihre Meinung sagen. Um die gewünschte Aufmerksamkeit zu erzielen ist es ratsam, kreative Betreffzeilen zu wählen (Stornierung von Flug; Reservierung; etc.) sowie Dateien anzuhängen (z. B. Bilder von Protestaktionen, aktuelle Berichte über die Menschenrechtssituation im Kosovo etc.).

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese Information umfangreich weiter verbreiten!

Infos und Berichte zur Lage von Rroma im Kosovo: www.aktion302.de

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Protestfax/E-mail: Weiterlesen

Minderjährige schützen – Abschiebehaft abschaffen – Abschiebungen stoppen!

Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Hamburg:

Die gestrige Ankündigung von Innensenator Ahlhaus, Minderjährige (mit
Ausnahme von „Straftätern“) nicht mehr in Abschiebehaft zu nehmen, ist ein Hohn! Laut Medienberichten sitzen zur Zeit zwei minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (MUF) in Hamburg in Abschiebehaft. Und diese Jugendlichen bleiben laut Innenbehörde auch dort, denn einer sei ein „Serientäter“ und der andere „volljährig“, das heißt, er wurde für älter erklärt – so wie es 226 der 402 im Jahr 2009 nach Hamburg gekommenen MUF passiert ist!
Die Hamburger Ausländerbehörde setzt 56% der neuangekommenen MUF „fiktiv“ auf 18 Jahre und/oder schickt sie zu medizinisch fragwürdigen und gesundheitsgefährlichen Altersuntersuchungen ins Institut für Rechtsmedizin, damit sie sie aus Hamburg wegverteilen kann (siehe kürzlich beantwortete Kleine Anfrage auf www.fluechtlingsrat-hamburg.de ). Und sie kann die so für „volljährig“ Erklärten leichter gemäß dem Dublin II-Abkommen in ein Ersteinreiseland an den EU-Grenzen abschieben. Ein Fingerabdruck reicht bei „Erwachsenen“, während bei MUF immerhin ein Asylantrag dort vorliegen muss.
Eine solche „Dublin II-Rücküberstellung“ musste gestern der dritte noch in Haft sitzende MUF erleiden: Ein 15jähriger wurde nach Ungarn abgeschoben – ohne dass sich die Behörden um jugendgemäße Betreuung und seinen Empfang dort gekümmert hätten.
Den Hamburger Beschluss angesichts solcher Tatsachen und der weiter
stattfindenden Abschiebungen auch in Kriegs- und Krisengebiete als
„Abschiebestopp“ zu bezeichnen, wie es in den NDR-Nachrichten geschah, ist eine bewusste Verdrehung von Tatsachen! Wir appellieren an die GAL als Koalitionspartner, eine solche Politik nicht mitzutragen!
Wir fordern von den Hamburger Behörden:
– Eine sofortige, generelle Abschaffung von Abschiebehaft!
– Abschiebestopps auf Landesebene, zumindest in Kriegs- und Krisengebiete!
– Schluss mit den Rücküberstellungen nach der Dublin II-Verordnung, bis zur generellen Abschaffung dieser Regelung zumindest für Minderjährige und andere besonders schutzbedürftige Gruppen!
– Schluss mit den rassistischen „Fiktivsetzungen“ und Einführung eines
rechtsstaatlichen Verfahrens bei gravierenden Zweifeln am Alter von MUF (siehe Vorschläge des Bundesfachverbands UMF auf www.b-umf.de)!
– Inobhutnahme aller hier ankommenden minderjährigen unbegleiteten
Flüchtlinge (MUF) durch das Jugendamt statt Überstellung an die
Ausländerbehörde!
– Schaffung von ausreichend Plätzen zur Unterbringung und Betreuung von MUF und Einstellung von pädagogisch qualifiziertem und muttersprachlichem Personal dafür!

Jugendlicher starb in Abschiebehaft nach Hungerstreik

Pressemitteilung des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft e.V.
Hamburg – Am Sonntag wurde der 17jährige David M. tot im Justizkrankenhaus der Stadt Hamburg aufgefunden. Der junge Georgier war kurz zuvor Aufgegriffen worden und anstatt ihn durch das Jugendamt Inobhut nehmen zu lassen, kam er in Abschiebehaft.
Der 17jährige David M. kam aus Georgien. Bevor er einen Asylantrag stellen konnte, wurde er von den Behörden ohne gültige Papiere aufgegriffen.
Das Gesetz schreibt in diesen Fällen eigentlich eine Inobhutmaßnahme, also die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung, vor. Doch die Ausländerbehörden halten sich nicht an dieses Gesetz, sondern bringen, wie auch in diesem Fall, die Betroffenen lieber zum Haftrichter.
Das Amtsgericht Hamburg fällte am 9.2.10 den Beschluss, den Jugendlichen in Abschiebehaft zu nehmen, um ihn anschließend nach Polen abzuschieben.
Aus lauter Verzweiflung verweigerte David M. die Nahrungsaufnahme.
Am 25.2.10 wurde er in das Justizvollzugskrankenhaus überstellt, wo er wohl einen Tag vor seinen Tod wieder mit der Nahrungsaufnahme begonnen hatte.
„Unsere ganzes Mitgefühl gilt der Familie und den Freunden von David M.“, so Frank Gockel, Vorsitzender des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren. Gockel erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden, die David M. nicht Inobhut, sondern in Haft genommen haben.
„Aus vielen Kontakten mit Kindern und Jugendlichen in der Abschiebehaftanstalt Büren weiß ich, wie gerade die jungen Menschen systematisch durch die Haft zerstört werden.“
Auch in NRW befinden sich immer wieder Kinder und Jugendliche in Abschiebehaft. Die genaue Zahl lässt sich seit letztem Jahr nicht mehr ermitteln. Das Innenministerium des Landes NRW hat den Ausländerbehörden erlaubt, das Alter der Kinder und Jugendlichen frei zu schätzen und seit dem wird jeder noch so jung aussehende Mensch auf mindestens 18 Jahre geschätzt. „Wir gehen von 20 bis 40 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren pro Jahr allein in der JVA Büren aus. Der jüngste, den ich besucht hatte, war gerade 15 Jahre geworden“, so Gockel, „Wir fordern endlich die UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos anzuerkennen, die die Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen in Abschiebehaft verbietet.“

Weitere Infos:
http://www.b-umf.de/ (Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge)

Aufruf zur Demonstration am 9.3.2010 um 18.00 Uhr am Bahnhof Sternschanze, Hamburg: http://fluechtlingsrat-hamburg.de/content/muf_080310_Tod_in_Abschiebehaft.html

Aufruf zur Demonstration am 11.3.2010 um 16:30 Uhr am Steintor, Hannover: http://hannovergegennazis.blogsport.de/2010/03/10/abschiebung-ist-mord-wut-trauer-zu-widerstand/

Die Abschiebemaschinerie lahmlegen!

Familien Schützen – Abschiebungen stoppen! Der Ausländerbehörde das Handwerk legen!
Kundgebung und Demonstration
06. März 2010, 14:00 Uhr
Ort: Bruchberg, Detmold

Seit über zwei Wochen leben die Kinder Maria, seit letzter Woche vier Jahre, und David, sechs Jahre, ohne ihre Eltern.
Diese werden von der Ausländerbehörde Kreis Lippe festgehalten, um die Abschiebung vorzubereiten.
Die Eltern der Familie leben seit 2002 in Lemgo bei Detmold. Hier kamen auch ihre beiden Kinder Maria und David zur Welt.
Am 19.2.10 wurde der Vater vor den Augen der Kinder verhaftet und in Abschiebehaft genommen. Die Ausländerbehörde des Kreises Lippe will damit die Abschiebung am 9.3.10 sicherstellen. David und Maria, die getrennt von der Polizei abgeführt wurden und sich nicht von ihrem Vater verabschieden durften, bekamen einen Schock fürs Leben.
Dabei hatten sie bereits eine traumatisierende Situation hinter sich. Bereits vor vier Monaten wurde ihre Mutter vor ihren Augen in Haft genommen. Sie musste ins Gefängnis, da sie von den 622 €, die die vierköpfige Familie vom Sozialamt an Leistungen erhalten hatte, nicht leben konnte und deswegen mehrfach gestohlen hatte.
Das Gericht empfahl die Mutter sofort in den offenen Vollzug zu nehmen, damit sie sich um die Kinder kümmern kann.
Dieses wurde jedoch von der Ausländerbehörde verweigert. Auch eine Freilassung der Mutter, die wegen sehr guter Führung nach 2/3 der Strafe erfolgen sollte, wird vom Kreis Lippe verzögert.
Ohne dass die Kinder sich vom Vater verabschieden konnten, wurden sie einfach einer anwesenden Bekannten der Familie übergeben.
Obwohl alle Behörden wussten, dass Maria und David schwer krank sind, dauerte es eine Woche, bis sie die Kostenübernahme der medizinischen Versorgung zustimmten. Maria leidet an starken Bachschmerzen, Durchfall, Blähungen und Appetitlosigkeit. David hat starken Haarausfall. Die Diagnose steht fest und liegt der Ausländerbehörde vor. Die starken Schmerzen von Maria und die Leiden des Davids sind rein Psychosomatisch und haben mit der Abwesenheit der Eltern zu tun. Der Kinderarzt empfiehlt dringend den Kontakt zu den Eltern. Maria hätte am Dienstag ins Krankenhaus gemusst, was allerdings nicht stattfand, da die Ärzte meinten, es gäbe keine Chance auf Besserung, solange beide Elternteile in Haft sitzen.
Die Ausländerbehörde lassen die Krankheiten der Kinder kalt. Wenn überhaupt hätte die Mutter vorgeführt (also in Begleitung und eventuell in Handschellen) Maria für wenige Minuten im Krankenhaus besuchen dürfen, danach wäre sie zurück ins Gefängnis gekommen.
Da eine Betreuung von Maria im Krankenhaus nicht sichergestellt und davon auszugehen gewesen wäre, dass Maria alleine im Krankenhaus durchgedreht wäre, schlug das Jugendamt vor sie doch einfach medikamentös ruhig zu stellen.
Am 9.3.sollen die Kinder erneut von der Ausländerbehörde traumatisiert werden. Sie werden nach Russland abgeschoben, um dort in ein großes Loch zu fallen. Es gibt niemand, der sich um die Familie kümmern wird und es ist auch keine Wohnung vorhanden. Da sich beide Eltern in Haft befinden, können sie nichts vorbereiten. Was ihnen an dem Tag bevorsteht, wissen die beiden Kleinen noch nicht.
In der Vergangenheit kam es immer wieder dazu, dass Menschen von der Ausländerbehörde so sehr unter Druck gesetzt werden, dass sie dabei, neben den traumatischen Erfahrungen der Flucht, immer stärker an psychischen Krankheiten leiden. Den Mitarbeiter_innen der Ausländerbehörden scheint ziemlich egal zu seien, was mit diesen Menschen passiert.
Deshalb müssen wir auf die Straße gehen!
Wir fordern die sofortige Freilassung von Marias und Davids Eltern aus der Haft und die Aussetzung der Abschiebung nach Russland.
Die menschenverachtenden Ausgrenzungsstrategien der Ausländerbehörde offen legen!
Die Abschiebemaschinerie lahmlegen!

Plenum der Detmolder Antifagruppen

Alltäglicher Wahnsinn Ausländerbehörde

Gut, dass es in Deutschland noch möglich ist, beide Elternteile in Abschiebehaft zu nehmen auch wenn die 3-jährige Tochter seit Tagen sämtliche Nahrungsaufnahme verweigert und der 6-jährige Sohn langsam eine Glatze kriegt.
Wo käm wa denn da hin, wenn dies ein Hinderungsgrund wäre?

Detmold. Die beide Eltern von David, 6 Jahre, und Maria, 3 Jahre, befinden sich auf Bestreben der Ausländerbehörde im Gefängnis, um so eine Abschiebung durchzusetzen. Maria ist in der Zwischenzeit schwer krank. Da die Krankheit psychosomatisch ist, fordern die Ärzte die Haftentlassung der Mutter. Nun muss das Kind ins Krankenhaus und das Jugendamt empfiehlt die Ruhigstellung durch Medikamente.
Im Jahre 2002 reisten die Eltern von Maria und David aus Armenien in die Bundesrepublik ein, um einen Asylantrag zu stellen. Der Asylantrag wurde abgelehnt und beide Eltern sind vollziehbar ausreisepflichtig. Da sie keine Pässe hatten und somit nicht ausreisen konnten, wurden sie geduldet.

In Deutschland kamen die beiden Kinder David und Maria zur Welt. Die Familie lebt in Lemgo, in der Nähe von Detmold. Die Eltern durften nicht arbeiten und bekamen für die ganze Familie nur etwas über 600 € an Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Aus lauter Verzweiflung stahl die Mutter Lebensmittel und wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Das Gericht hatte von Anfang an vor, die Mutter in den offenen Vollzug zu nehmen, damit sie sich um die Kinder kümmern kann, dieses wurde jedoch abgelehnt. Auch nach der Verbüßung von 2/3 der Haftzeit lässt sich die Ausländerbehörde nicht erweichen, so dass die Mutter weiter in Haft bleibt.

Am 18.2.2010 plante die Ausländerbehörde Kreis Lippe die Abschiebung der Familie. Hiervon wurde sie jedoch nicht vorher informiert. Als die Ausländerbehörde vorfuhr, war der Vater und die Kinder nicht zu Hause. Die Ausländerbehörde musste die Abschiebung abbrechen. Noch am gleichen Tag meldete sich der Vater bei der Ausländerbehörde. Als er zusammen mit den Kindern am 19.2.2010 seine Frau in der JVA besuchen wollte, wurde er verhaftet und in die Abschiebehaftanstalt Büren verbracht.

Die beiden anwesenden Kinder mussten erleben, wie ihr Vater abgeführt wurde. Sie waren bereits durch die Verhaftung der Mutter schwer traumatisiert. Ohne dass die Kinder sich vom Vater verabschieden konnten, wurden sie einfach einer anwesenden Bekannten der Familie übergeben.

David und Maria sind beide schwer krank. Maria, 3 Jahre, leidet unter starken Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit. David verliert bereits im Alter von 6 Jahren Haare und bekommt eine Glatze. Der behandelnde Kinderarzt glaubt, dass die Erkrankung psychosomatisch verursacht ist und empfiehlt dringend die Rückkehr der Mutter.

Nach der Verhaftung des Vaters wurden die Kinder in der Stadt Lemgo abgemeldet, so dass eine weitere medizinische Behandlung nicht möglich war, da das Sozialamt die Kostenübernahme verweigert hat. Auch das Jugendamt fühlte sich erst nach massiven drängen seit gestern Zuständig.

Mehrere Ärzte empfehlen, dass das Kind stationär in ein Kinderkrankenhaus aufgenommen werden soll. Da aber beide Kinder durch die Verhaftung der Eltern vor ihren Augen schwer traumatisiert wurden, benötigen sie eine ständige Beobachtung. Sie weinen den ganzen Tag, leiden an Schlafstörungen und sind verwirrt. Die Bekannte der Familie, bei der sich die Kinder aufhalten, versucht sich so gut wie möglich um die Kinder zu kümmern. Sollte Maria ins Krankenhaus kommen, müsste sie bei Maria bleiben, da diese sonst noch verstörter würde und sich überhaupt nicht mehr beruhigen lassen würde. Auf der anderen Seite muss sie aber auch bei David bleiben. Auch er ist vollkommen verstört und weint viel.

Als auf Intervention der Flüchtlingshilfe Lippe e.V. die Ausländerbehörde des Kreises Lippe das Jugendamt der Stadt Bielefeld einschaltete, hatte dieses die Idee, doch eines der Kinder einfach medikamentös ruhigzustellen. „Das ist ein Skandal ohne Gleichen“, so Frank Gockel von der Flüchtlingshilfe Lippe e.V., „einfach ein Kind gegen den Willen der Eltern Ruhigzustellen zu wollen, anstatt ein Elternteil aus der Haft zu entlassen. Mir fehlen die Worte.“

Der Vater der Kinder fordert die Abschiebung der gesamten Familie noch am heutigen Tag um seine Kinder vor der Ruhigstellung zu schützen. Die Ausländerbehörde lehnt dieses ab. Obwohl alle Papiere vorhanden sind, will sie bis zum 9.3. warten.

Heute soll Maria nun durch das Jugendamt der Stadt Bielefeld einen Arzt zwangsvorgeführt werden. Es ist damit zu rechnen, dass danach die Einweisung von Maria in ein Krankenhaus erfolgt und sie ruhiggestellt wird.

Die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. fordert die sofortige Freilassung eines Elternteiles, um die Gesundheit der dreijährigen Maria nicht weiter zu gefährden.

(source: de.indymedia.org)

Pressemitteilung der Flüchtlingshilfe Lippe: Weiterlesen

Stell Dir vor Du bist schwarz und illegalisiert

Text einer spanischen Verfasserin aus Tanger/Marokko an, die dort seit langem lebt und (illegalisierte) MigrantInnen unterstützt. Sie begleitet und übersetzt für TransitmigrantInnen bei marokkanischen Behörden.

Tanger, 16. Februar 2010 von Helena Maleno

Stell Dir vor, dass Du am letzten Sonntag in einem öffentlichen, marokkanischen Krankenhaus entbunden hast. Ein prächtiger Junge.
Stell Dir vor, dass Du am folgenden Tag entlassen wurdest, Montag.
Stell Dir vor, dass Du nach hause zurückgekehrt bist, müde, mit nachgeburtlichen Blutungen, noch mit Schmerzen in der Gebärmutter, die darum kämpft in ihre alte Lage zurückzukehren.
Stell Dir vor, dass Dich zu hause Deine Tochter, die 2 Jahre und 2 Monate alt ist und Dein Partner erwarten.
Stell Dir vor, dass während Du heute morgen das Baby badetest schon gesehen hast, dass es Schwierigkeiten hatte zu atmen.
Stell Dir vor, dass Du zum öffentlichen, marokkanischen Krankenhaus eiltest.
Stell Dir vor, dass man Dir sagte, dass man Dich nicht behandeln könnte.
Stell Dir vor, dass Du zweimal hingingst.
Stell Dir vor, dass beim dritten Mal Dein Baby zu atmen aufhörte fast vor dem Eingang des Krankenhauses.
Stell Dir vor, dass Du um Hilfe für Dein totes Baby batest
Stell Dir vor, dass sie es in die Leichenhalle des Krankenhauses trugen.
Stell Dir vor, dass man Dich, Deine Tochter von 2 Jahren und 2 Monaten und Deinen Partner zur Polizeiwache brachte.

Jetzt stell Dir vor, dass du dich vor Schmerzen in den Eingeweiden krümmst, der bittere Schmerz über den Tod Deines Sohnes, der Schmerz einer Gebärmutter, die Dich daran erinnert, dass Du gerade ein Kind zur Welt gebracht hast, der Schmerz der Milch, die Dir in die Brüste schießt, die hart wie Steine sind. Aber jetzt stell Dir vor, du bist schwarz, stell dir vor, Du bist Afrikanerin, stell Dir vor, Du bist arm und stell Dir vor, dass du keine Papiere hast.
Du sitzt, gebeugt über Deinen Bauch in diesem schmutzigen Polizeirevier, wo sie kommen und gehen und in einer Sprache mit Dir sprechen, die Du nicht verstehst. Dort sehe ich Dich und versuche die Fragen zu übersetzen, die mir dumm, grausam und inhuman erscheinen.
Sie wollen wissen, was ihr in ihrem Land macht, wie ihr eingereist seid und wie lange ihr schon da seid. Sie wollen wissen, wie ihr heißt, wie Eure Eltern heißen und warum ihr gekommen seid. Dein Partner fleht und bittet um Mitleid. Er weiß, dass alle Fragen darauf ausgerichtet sind, eine Abschiebung in die Wüste zu rechtfertigen. Dein Partner fleht und er beruhigt Dich, indem er Dich „Süße“ nennt. Deine Kleine lächelt, spielt mit ihrer Mütze und singt „Halleluja“.
Die Polizei holt einen arabisch/englisch Übersetzer, um das Schriftstück zu machen und Euch zum Gericht zu bringen
Du sagst mir, dass – wenn sie Dich in die Wüste abschieben, sie Dich dort vergewaltigen werden und dass Du glaubst, dass Du den Schmerz nicht aushalten wirst, da Du gerade entbunden hast.
Ein Polizist nähert sich mir und fragt mich: “Warum macht Ihr das? Aus Spaß?“ Dieser nette Polizist nennt „das“ – Eltern zu begleiten, die in ihrem Schmerz versunken sind, etwas zu essen zu kaufen für die Kleine, die den ganzen Tag ohne einen Bissen verbracht hat und zu versuchen etwas Menschlichkeit oder zumindest eine gute Behandlung in dieses verfluchte Revier hineinzubringen.
Dann sehe ich ihn an, seine Gleichgültigkeit entsetzt mich und ich antworte ihm, dass wir es aus Liebe tun. Ich sehe in ihm diejenigen, die essen, scheißen und den Polizisten machen um weiter essen und scheißen zu können. Es tut mir leid.
Sie behalten Deinen Partner im Polizeirevier und erzählen mir, dass Du als humanitärer Fall zu hause schlafen darfst. Morgen musst Du zusammen mit Deinem Mann zum Gericht gehen.
Du verlierst die Fassung. Es ist das erste mal, dass ich Dich sehe, wie Du diesen Bauch presst, der Dich schmerzt. Du schreist und weinst bis Dich ein Polizist auffordert aufzuhören.
Ich halte diese Szene nicht mehr aus und bitte darum zu verstehen, dass Dein Kind heute gestorben ist, dass Du soeben eine Entbindung hinter Dir hast, dass Dir Dein Innerstes wehtut.
Er antwortet mir mit Verachtung, dass es in diesem Land Gesetze gibt, dass man hier das macht, was der Staatsanwalt sagt und dass Du eine schwarze Illegale bist.
Morgen werden wir zum Gericht gehen, morgen wird ein Staatsbediensteter entscheiden, ob sie Dich und Dein Kind in der Morgendämmerung in die Wüste hinauswerfen. Von da ab entscheidet das Glück, ob Du vergewaltigst wirst, ob Deine Tochter entführt oder auch missbraucht wird.

Stell Dir vor, dass Dir das alles heute passiert ist.
Stell Dir vor, dass uns Frauen ihr Innerstes weh tut
Stell Dir vor, dass uns allen unser Innerstes weh tut