Sozialleistungen für Flüchtlinge verfassungswidrig

Asylbewerber und andere Flüchtlinge erhalten seit 1993 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Der Wert der Sach- und Geldleistungen liegen bis zu 47% unter den als soziokulturelles Existenzminimum festgelegten Leistungen nach SGB II (Arbeitslosengeld 2). Alleinstehende erhalten – wenn sie denn nicht Sachleistungen bekommen – maximal 225 € pro Monat.

In der Antwort auf eine große Anfrage der LINKEN hat die Bundesregierung eingeräumt, dass die Höhe der Leistungen ähnlich wie bei ALG 2 verfassungswidrig zustande gekommen ist und daher neu berechnet werden muss. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 09.02.2010 die ALG2-Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Aus Artikel 1 (Menschenwürde) und 20 (Sozialstaat) Grundgesetz ergebe sich ein „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“, das neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst. Der Gesetzgeber habe dieses Existenzminimum realitätsgerecht und nachvollziehbar zu bemessen, zu aktualisieren, zu gewährleisten und einzulösen.
Wie das konkret aussehen wird, ist derzeit nicht abzuschätzen. Ähnlich wie bei der Diskussion um ALG2 wird es wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass eine Neuberechnung „kostenneutral“ bleibt oder gar eine Senkung bewirkt, da die Lobby von Flüchtlingen noch schlechter ist als von Hartz4-Empfänger_Innen.

Daneben verstößt das AsylbLG nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen geltendes Europa- und Völkerrecht (s. z.B. eine Stellungnahme der BAGFW aus 2009).

Die Tatsache, dass es überhaupt Sondergesetze für Menschengruppen gibt, ist an sich schon rassistisch. Das AsylbLG gehört daher nicht reformiert, sondern ersatzlos abgeschafft.

Break the Silence!

Infoabend zu dem Revisionsverfahren im Fall Oury Jalloh-Prozess vor dem LG Magdeburg mit AktivistInnen der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Oury Jalloh

Am 07.01.2005 verbrannte Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle. Exakt am fünften Todestag von Oury Jalloh bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH), was die Initiative Oury Jalloh und andere Organisationen bereits seit Langem kritisierten: Der Prozess, der am 27.03.2007 vor dem Landgericht Dessau gegen die diensthabenden Polizeibeamten begann, war eine Farce. Der Prozess wird vor dem Landgericht Magdeburg neu aufgerollt und sollte am 25. Oktober 2010 beginnen, wurde aber aus krankheitsbedingten Gründen des Angeklagten nun auf den 12.01.2011 verschoben.

Veranstalterin ist die Bürengruppe Paderborn, gefördert von der Rosa Luxemburg Stiftung.

Die Veranstaltung findet statt am kommenden Freitag, 19. November um 19:00 Uhr im Infoladen Paderborn, Leostr. 75. Der Eintritt ist frei.

Warnung: Dubiose Abschiebe-Anhörung in Dortmund

English below!

WIEDER NIGERIA-ABSCHIEBEANHÖRUNG AM 23. NOVEMBER IN DORTMUND! – WARNFLYER IM ANHANG!

am Dienstag, 23. November, kommen MitarbeiterInnen der Botschaft von Nigeria wieder einmal nach Dortmund zu einer sogenannten „Identifizierungsanhörung“.

Ort der Anhörung:
Stadtverwaltung Dortmund,
Olpe 1, 44122 Dortmund.

Nigerianische Flüchtlinge, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, haben Schreiben erhalten, in denen sie zur Vorsprache bei diesem Termin aufgefordert wurden. Einziger Zweck einer solchen Botschaftsanhörung: Die Ausstellung von Heimreisedokumenten („Travelling Certificates/TCs“) zum Zweck der Abschiebung!

Wie bei früheren Nigeria-Botschaftsanhörungen sind NigerianerInnen aus verschiedenen deutschen Regionen betroffen. Angesichts früherer Erfahrungen ist mit zahlreichen polizeilichen Zwangsvorführungen zu rechnen!

Wir rufen euch auf, alle potentiell betroffenen NigerianerInnen vor der Teilnahme an dieser Botschaftsanhörung zu warnen, da diese einzig und allein der Abschiebung dient. Verbreitet den Warnflyer (s. unten)! Weiterlesen

Nazi-CDs an Schulen in OWL

Laut Eigenauskunft auf der Internetseite wollen die Faschos von Westfalen-Nord Schulhof-CDs in OWL und Schaumburg verteilen. Die freien Kameradschaften erhoffen sich dadurch wohl Propagandaeffekte und Nachwuchs in den eigenen Reihen. Zuletzt waren mehrfach von der NPD produzierte Platten in Umlauf gekommen, vor allem im Vorfeld von Wahlkämpfen in Ostdeutschland. Eine von freien Kameradschaften produzierte CD ist 2004 verboten worden.
Ob tatsächlich Nazi-Dreck-CDs an Schulen in der Region auftauchen, wird sich zeigen. Die zahlreichen Versuche von Neonazis, in OWL verbindliche Strukturen aufzubauen, sollen damit wohl unterstützt werden.
Die Antifa Höxter hat sich die Hörproben bereits angetan und kommt zu folgendem Urteil:

Taktlos und gelangweilt versuchen die Amateure ihre stumpfen Parolen unter die Zuhörer zu bringen. Dies dürfte allerdings schwer sein, da die Tonaufnahme nicht gerade die Beste ist und die Deutschen darüber hinaus über ihre eigenen Sprachbarrieren stolpern.(…)An alle Schüler apellieren wir: Lasst euch nicht von Nazis voll labern! Nazis und ihre CDs in die Tonne kloppen !

Quelle: http://keinehomezone.blogsport.de/

Stattdessen empfehlen wir Die rote Schulhof-CD der SDAJ oder gleich das Original: Die Apfelfront-Schulhof CD

Lockerung der Residenzpflicht – schärfere Gesetze gegen sogenannte „Integrationsverweigerer“

Die Bundesregierung hat am 27.10.2010 einen Gesetzesentwurf beschlossen, der unter anderem eine verschärfte Repression gegen »Integrationsverweigerer« bedeutet, aber auch eine Reihe von Änderungen der Residenzpflicht. Den überfälligen Schritt der generellen Abschaffung der Residenzpflicht zögert die Bundesregierung weiter hinaus.

Der Gesetzesentwurf betrifft zwei Punkte: Zum einen soll der Zugang von Asylsuchenden und Geduldeten zum Arbeitsmarkt und zu Bildungseinrichtungen erleichtert werden, wie schon im Koalitionsvertrag angekündigt. Dazu sollen das Asylverfahrensgesetz und das Aufenthaltsgesetz geändert werden, indem zusätzliche »Verlassensgründe« aufgenommen werden: Schulbesuch, betriebliche Aus- und Weiterbildung und Studium an einer Hochschule. Zum anderen soll für Landesregierungen eine »Ermächtigungsgrundlage« geschaffen werden, sodass Aufenthaltbereiche von Asylsuchenden länderübergreifend zusammengelegt werden können. Offensichtlich standen die Erlasse in Berlin und Brandenburg dafür Pate. Das Rechtsgutachten zur Residenzpflicht, das der Berliner Anwalt Rolf Stahmann im Auftrag des Brandenburger Flüchtlingsrats erstellt hatte, hielt diese Lockerung schon bei der alten Gesetzeslage für möglich.

Auf der anderen Seite wurden Sanktionen gegen sogenannte “Integrationsverweigerer” im Gesetz verankert. Dabei müssen Ausländer, die unentschuldigt ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationskursen nicht nachkommen, schon heute mit gravierenden aufenthalts- und sozialrechtlichen Folgen rechnen.

„Das“, so Jürgen Micksch, der Vorsitzende des Interkulturellen Rates, „hat Tradition!“ Nach Integrationsdebatten haben Bundesregierungen regelmäßig verschärfende Gesetze gegen Migranten erlassen. Ein Beispiel ist das Asylbewerberleistungsgesetz, das bis heute rassistische Diskriminierungen für Flüchtlinge enthält.

Begründet werden die beabsichtigten Sanktionen mit der Formel „Multikulti ist gescheitert“. Dieser Satz ist eine neue Variante der Behauptung „Deutschland ist kein Einwanderungsland“, mit der jahrzehntelang eine sinnvolle Integrationspolitik verhindert wurde.

Es sind politische Entscheidungen, die für die Verarmung und soziale Deklassierung zunehmender Teile der Bevölkerung verantwortlich sind. Reden wir davon, wie dieses Deutschland jahrzehntelang den Eingewanderten ihre sozialen und politischen Rechte vorenthalten hat. Reden wir davon, dass MigrantInnen der Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen, in öffentliche Institutionen und Ämter ebenso wie in Clubs und Fußballvereine systematisch erschwert wird. Das Problem sind weder die Armen noch die MigrantInnen, das Problem ist eine Politik, die Armut und Rassismus produziert. Das Problem ist eine Gesellschaft, die sich auch über Ausgrenzung definiert.

Quellen: http://www.residenzpflicht.info/news/bundesregierung-lockert-residenzpflicht/, http://www.interkultureller-rat.de/wp-content/uploads/PM-271010-Kabinett-Integration.pdf und http://www.demokratie-statt-integration.kritnet.org/

Abschiebehaft und Dublin II

Rechtsanwalt Fahlbusch beschäftigt sich im Asylmagazin 9/2010 unter der Überschrift: „Haft in Verfahren nach der Dublin II-Verordnung“ mit Abschiebehaft. Der Beitrag versucht, anhand von vier Beispielfällen die Praxis der Inhaftierung von Flüchtlingen im Dublin II-Verfahren darzustellen und kritisch zu beleuchten. Nach Einschätzung des Autors ist es in den letzten Jahren zu einem starken Anstieg der Haft in Dublin II-Verfahren gekommen, was bereits in einem Evaluierungsbericht der EU-Kommission vom Juni 2007 bestätigt wird. Fahlbusch schätzt, dass gegenwärtig bei steigender Tendenz knapp die Hälfte aller Abschiebungsgefangenen nicht in ihr Heimatland, sondern, Folge der Anwendung der Dublin II-Verordnung, in ein anderes Land der EU zurücküberstellt wird. Die Dublin II-Verordnung trifft keine explizite Regelung zu Haftgründen oder Haftdauer. Haft zum Zweck der Zurückschiebung im Rahmen der Dublin II-Verordnung muss sich trotzdem an Maßstäben des nationalen Rechts messen lassen. Haftrecht ist Verfassungsrecht. Freiheitsentziehung kann nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes unter Beachtung der entsprechenden Formvorschriften verlängert werden. Dies erfordert eine vorherige richterliche Anordnung. Es bedarf eines Haftgrundes, die Haft muss verhältnismäßig sein usw. Fahlbusch:

Gegen alle vorstehenden Vorgaben wird bei der Inhaftierung von Flüchtlingen im Dublin II-Verfahren regelmäßig verstoßen, …

Viele der Betroffenen wurden nach Erfahrung des Rechtsanwalts „nur“ deshalb in Haft genommen, damit man sie besser innerhalb Europas vom Land A nach B verfrachten kann. Sonstige Haftgründe lagen oft nicht vor bzw. wurden nicht geprüft.

Alles in allem ein rechtsstaatliches Desaster!

Infoladen Paderborn: Neueröffnung und fettes Programm!

Nachdem der BDP-Infoladen Paderborn die letzten Wochen aus organisatorischen Gründen geschlossen war, gibt es am kommenden Freitag, den 22. Oktober um 20:00 Uhr eine Eröffnungsparty. Eingeladen sind alle, die sich für linke Politik und Kultur interessieren und sich die neu gestalteten Räumlichkeiten mal ansehen wollen. Dazu gibt es fette Sounds, Getränke, fairen Kaffee und Tee sowie einen Büchertisch.

Außerdem wird das Programm für Oktober und November vorgestellt mit einer Menge interessanter Veranstaltungen: Weiterlesen

Pfarrer kritisiert Abschiebepraxis im Kreis Warendorf

Quelle: http://www.epd.de/west_index_80153.html

Warendorf/Büren (epd). Der evangelische Seelsorger im bundesweit größten Abschiebegefängnis in Büren, Pfarrer Burkhard Schmidt, hat die Abschiebepraxis im Kreis Warendorf kritisiert. Vor fünf Monaten sei ein psychisch schwer kranker und suizidgefährdeter Türke gegen das Votum seines behandelnden Arztes und des in der JVA tätigen Psychiaters in sein Heimatland abgeschoben worden, sagte Schmidt in Bielefeld dem epd. Die Ausweisung sei nicht rechtmäßig gewesen, weil die vom türkischen Konsulat in Essen ausgestellten Ersatzpapiere für den 31-Jährigen in der Türkei nicht anerkannt würden. Auch die bei der Abschiebung vom Oberverwaltungsgericht Münster geforderte psychiatrische Betreuung vor Ort erhalte er nicht. Weiterlesen

Solidaritätsaufruf der im Hungerstreik befindlichen Flüchtlinge in Kassel

Offener Brief

Liebe Bürger und Bürgerinnen,

wir sind iranische Flüchtlinge aus Kassel und dem Landkreis. Wie sie vermutlich aus den Medien erfahren haben, befinden wir uns seit dem 20. September 2010 in einem Hungerstreik, um gegen die unmenschlichen und schikanösen Lebensbedingungen, denen wir hier Tag für Tag ausgesetzt sind, und die ständige Angst vor unserer drohenden Abschiebung, zu protestieren.

Worin liegen die Probleme für uns Flüchtlinge?
Verhaftungen, Folter, Hinrichtungen, Mord und Terror gegenüber Andersdenkenden kennzeichnen das Leben im Iran. Dieses Klima herrscht seit 31 Jahre, seit der Entstehung der „Islamischen Republik“. Viele Menschen protestieren seitdem unter großer Gefahr für Leib und Leben. Sie kämpfen, weil sie sich von diesem Regime nicht länger terrorisieren lassen wollen.
Dieses Regime versucht mit allen Mittels, wie militärische Angriffe auf Demonstrationen und Hinrichtungen, den von uns geführten Kampf für Freiheit und Demokratie zu unterbinden. Schätzungen zufolge wurden allein seit dem Juni 2009 mehr als 6000 Menschen festgenommen und mehr als 200 Menschen ermordet. Die wenigen Inhaftierten, die freigelassen wurden, berichten von Erniedrigung, Folterung und sexuellen Misshandlungen in den Gefängnissen oder an geheimen Orten. Jede Teilnahme an den Aktivitäten wird als „ausländischer Agententätigkeit“ oder „sozialistisch bzw. kommunistischer Betätigung“ verfolgt. Nach dem iranischen Gesetz wird dieses als Gotteslästerung betrachtet und kann mit Hinrichtung bestraft werden. Weiterlesen

Vor der Abschiebung in den Knast

Quelle: taz vom 27.09.2010

Deutschland umgeht EU-Vorgaben
Abschiebehäftlinge dürfen in Deutschland nicht im Gefängnis untergebracht werden, verlangt eine EU-Richtlinie. Aber das passiert trotzdem häufig. VON KARIN SCHÄDLER

Das Bundesinnenministerium plant gesetzliche Veränderungen zur
Abschiebehaft, bleibt aber weit hinter den entsprechenden EU-Vorgaben zurück. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und Pro Asyl üben massive Kritik am Gesetzentwurf des Innenministeriums.

Die Bundesregierung ist verpflichtet, die sogenannte EU-Rückführungsrichtlinie bis Ende des Jahres in deutsches Recht
umzusetzen. Nach der Richtlinie müssen Abschiebehäftlinge grundsätzlich getrennt von Strafgefangenen untergebracht werden. Ins Gefängnis darf man sie nur schicken, wenn in einem Staat spezielle Einrichtungen fehlen. Nach dem Gesetzentwurf des Innenministeriums dürfen Abschiebehäftlinge weiterhin auch in Gefängnissen untergebracht werden, wenn spezielle Hafteinrichtungen „nicht vorhanden sind“. „Diese Einrichtungen sind aber in Deutschland vorhanden“, betont Martin Stark, Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdiensts. Wenn einzelne Bundesländer solche Einrichtungen nicht hätten, müssten die Abschiebehäftlinge nach geltendem
EU-Recht in anderen Bundesländern untergebracht werden, meint auch Marei Pelzer von Pro Asyl. Sowohl Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein verfügen über separate Einrichtungen. Weiterlesen