Newsletter der Flüchtlingshilfe Lippe

Die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. berät und unterstützt seit 2005 Flüchtlinge und MigrantInnen unabhängig von ihrem Status und setzt sich z.B. durch Öffentlichkeitsarbeit für ihre Belange ein. Die offensive Parteilichkeit für Flüchtlinge und die Beharrlichkeit gegenüber Behördenwillkür hat sich bei den Betroffenen herumgesprochen, und auch so manche Behörde reagiert gereizt. Im jüngsten Newsletter der Flüchtlingshilfe berichten Aktive u.a. über die erfolgreiche „Aktion Wachbleiben“ in Detmold. Der Newsletter ist hier als pdf-Dokument einsehbar:

Newsletter 4-5

Ausstellung „Blackbox Abschiebung“

Dem Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ ist es gelungen, die Ausstellung „Blackbox“ nach Wewelsburg zu holen. Wir dokumentieren die Pressemitteilung des Vereins und empfehlen den Besuch der sehenswerten Ausstellung:

Phänomen Abschiebung

Wanderausstellung „Blackbox Abschiebung“ im Kreismuseum Wewelsburg möchte auf das Schicksal von Menschen aufmerksam machen, die von der Abschiebung betroffen sind

Die politischen Umwälzungen in Nordafrika führen derzeit zu Flüchtlingsströmen, die für die europäische Union zur Härteprüfung ihrer Aufnahmebereitschaft und –fähigkeit werden. Auch in Deutschland wird nicht erst seit Thilo Sarrazins umstrittenem Buch „Deutschland schafft sich ab“ kontrovers über das Thema Einwanderung und Integration diskutiert. Zahlreichen Menschen wird jedoch gar nicht erst die Möglichkeit gegeben, sich hierzulande zu integrieren, die deutsche Sprache zu lernen und einen Beruf auszuüben. Rund 10.000 Menschen werden jährlich aus Deutschland abgeschoben – einem Land, das für sie zur Heimat geworden ist oder werden sollte. Menschenrechtler kritisieren bei der hiesigen Abschiebepraxis insbesondere das Element der Abschiebehaft: Diese bedeutet die Festsetzung von Menschen in Justizvollzugsanstalten – nicht, weil sie eine Straftat begangen hätten, sondern um sicher zu stellen, dass sie sich nicht der drohenden Abschiebung entziehen. Aus juristischer Sicht widerspricht diese vorbeugende Haft dem menschlichen Grundrecht auf Freiheit. Spätestens nach der Abschiebung verschwinden die Schicksale der Menschen aus unserem Blick und werden vergessen.

Die Wanderausstellung „Blackbox Abschiebung“, die vom 22. Juni bis zum 10. Juli 2011 im Kreismuseum Wewelsburg zu sehen ist, will das Phänomen Abschiebung sichtbar machen. Neun Menschen, die von Abschiebung bedroht sind oder abgeschoben wurden, erzählen ihre Geschichte. Mit einer Digitalkamera dokumentieren sie ihre Reise, die Ankunft und die ersten Monate im Aufnahmeland. Gezeigt werden die Filmsequenzen in einer „Blackbox“. Realisiert wurde das Projekt von dem Dokumentarfilmer Ralf Jesse.

Die Wanderausstellung „Blackbox Abschiebung“ wurde bereits im vergangenen Jahr während der „Ruhr 2010“ in mehren Städten im Ruhrgebiet gezeigt. Der Standort Wewelsburg hebt sich gegenüber den bisherigen Standorten dadurch ab, dass sich in unmittelbarer Nähe mit der Justizvollzugsanstalt Büren Deutschlands größte Abschiebehaftanstalt befindet. Dem Verein „Hilfe für die Menschen in Abschiebehaft“ Büren e.V. liegt dieses Projekt daher besonders am Herzen. Er stellt begleitend zur Wanderausstellung „Blackbox Abschiebung“ sein Engagement für die Häftlinge in der JVA Büren vor.

Die „Blackbox Abschiebung“ wird im Sonderausstellungsraum im ehemaligen Wachgebäude der SS am Burgvorplatz der Wewelsburg gezeigt. Sie ist während der normalen Öffnungszeiten des Museums (Di – Fr 10.00 – 17. 00 Uhr, Sa, So, Feiertags 10.00 – 18.00 Uhr) zugänglich. Der Eintritt ist frei.

Detmold: Autonomes Kulturzentrum von Polizei gestürmt

Bereits vergangenen Freitag haben Polizeieinheiten das autonome Kulturzentrum „Alte Pauline“ in Detmold gestürmt, mehrere Menschen festgenommen und die Boxen einer Musikanlage zerstört. Anlass war laute Musik – in unmittelbarer Nähe zur Trauerfeier der Bundeswehr in der Heilig-Kreuz-Kirche für einen gefallenen Soldaten in Afghanistan. Anwesend waren u.a. der amtierende Bundesminister der Verteidigung Thomas de Maizière und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker.
Beim Beginn der Trauerfeier war die Musik allerdings längst abgeschaltet. Die Polizei war jedoch offenbar der Ansicht, dass von der Alten Pauline eine Gefahr ausgehe, u.a. weil vor dem Spektakel bereits Bundeswehr-kritische Transparente aufgehängt worden waren.

In ihrer Stellungnahme schreiben die Aktivist*innen der Pauline:

Wir wollen betonen: Wir finden es auch nicht lustig wenn Menschen sterben. Im Gegenteil, wir finden es zum kotzen. Aber deutsche Soldaten sind nicht nur Opfer, sondern Täter.
Wir finden es erbärmlich, dass Menschen in den Tod geschickt werden um die Interessen einer herrschenden Elite zu verteidigen. Die Bundeswehr ist nicht in Afghanistan um „unsere Freiheit“ und Menschenrechte zu verteidigen, sonst wäre sie auch woanders. (…)
Abgesehen davon, dass das Vorgehen seitens der Repressionsorgane juristisch sehr strittig sein dürfte, sehen wir es als unser gutes Recht gegen einen Heldenkult zu protestieren, welcher immer wieder auch “zivile“ Opfer zu verantworten hat.

Die Bürengruppe Paderborn solidarisiert sich mit der Alten Pauline. Bundeswehr wegtreten! Feuer und Flamme der Repression!

Voices from Choucha: Fluchtwege öffnen, Flüchtlinge aufnehmen!

Wir dokumentieren den Aufruf von Pro Asyl, medico international, Borderline Europe, Afrique-Europe-Interact, Welcome to Europe und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Libyen und fordern alle auf, den Apell online zu unterzeichnen: http://www.medico.de/choucha-appell

Mehr Informationen außerdem unter http://www.afrique-europe-interact.net/?article_id=486&clang=0

Unterschriftenaktion: Fluchtwege öffnen, Flüchtlinge aufnehmen!
Voices from Choucha: Unterzeichnen auch Sie den Appell!

„Wir wollen hier weg! Europa muss helfen!“ Die Forderungen auf den Pappschildern der Flüchtlinge und MigrantInnen an der tunesisch-libyschen Grenze sind eindeutig – und zwingend: 5.000 Menschen warten seit Wochen und Monaten unter unerträglichen Bedingungen in dem Lager des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Choucha.

Sie alle konnten dem eskalierenden Bürgerkrieg in Libyen entkommen. Viele waren dort als ArbeitsmigrantInnen beschäftigt, andere hatten Zuflucht vor den Kriegs- und Krisenzonen im subsaharischen Afrika gesucht. Überlebende von gekenterten Flüchtlingsbooten begegnen in Choucha denjenigen, die sich aus Verzweiflung und allen Gefahren zum Trotz wieder Richtung libyscher Grenze auf den Weg machen, um die gefährliche Überfahrt nach Europa zu wagen. Als vier Flüchtlinge aus Eritrea am 21.05.2011 bei einem Feuer in der improvisierten Zeltstadt sterben, kam es zu spontanen Protesten und Straßenblockaden. Das tunesische Militär reagierte mit Tränengas, Anwohner überfielen das Lager. Mindestens zwei Flüchtlinge wurden erschlagen, viele trugen schwere Verletzungen davon. Weiterlesen

Hausverbot für Flüchtlingsberater

Die Stadt Lage hat mit Hilfe der Polizei den für die Flüchtlingshilfe Lippe tätigen Berater F. Gockel aus einem Flüchtlingsheim geworfen. Gegen das Hausverbot hat der Anwalt von Gockel jetzt Klage erhoben: er will weiter Familien parteiisch und solidarisch beraten – gegen die Abschiebeinteressen der Behörden. Wir dokumentieren die Pressemitteilung der Flüchtlingshilfe Lippe:

Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim

Lage: Mit Hilfe der Polizei wollte die Stadt Lage am 10. Mai den Berater der Flüchtlingshilfe
Lippe e.V., Frank Gockel, aus dem städtischen Flüchtlingswohnheim entfernen lassen. Das
schriftliche Hausverbot erfolgte eine knappe Woche später am 16. Mai. Gockels „Vergehen“:
Er hatte Ende April einer Familie in einer Notlage geholfen und zu diesem Zweck die
Notunterkunft auf Bitten der Familie mit deren Schlüssel betreten. Nachdem die Stadt Lage sich weigert, ihr Verbot zurückzunehmen, muss sich seit heute das Verwaltungsgericht Minden mit der Frage beschäftigen, ob ein solches Hausverbot rechtens ist. Weiterlesen

Europa, Grenzen auf für die Flüchtlinge!

Auch jetzt noch, auch wenn das Medieninteresse in Europa deutlich abgenommen hat, sind viele Flüchtlinge aus Libyen unterwegs unter den prekärsten Bedingungen. Und während dem Besuch einer Delegation von noborder-Aktivisten im libysch-tunesischen Grenzgebiet spitzt sich die Lage zu:

Nachdem in der Nacht zum Sonntag (22. Mai) mindestens vier Eriträer bei einem Feuer ums Leben gekommen sind und am 23. Mai Hunderte Flüchtlinge vor den UNHCR-Büros am Rande der Zeltstadt demonstriert haben, scheint die Situation mittlerweile eskaliert zu sein: Durch Schüsse des tunesischen Militärs (ob mit scharfer Munition oder Tränengas, ist ungeklärt) sind dreißig Personen verletzt worden, davon einige schwer. Vorausgegangen war eine Blockade der Straße zwischen dem Camp und der sieben Kilometer entfernten libyschen Grenze. Zur Eskalation hat wohl auch der Umstand beigetragen, dass die Straße eine wichtige Verbindungsstraße ist und sich daher auch Teile der lokalen Bevölkerung gegen die Flüchtlinge gewandt haben.

Die Grenzen auf! Für eine freie Weiterreise der Flüchtlinge aus Libyen in ein Land ihrer Wahl!

Weitere Informationen, aktuelle Pressemitteilungen, Fotos und demnächst auch eine erste Videodokumentation unter: http://www.afrique-europe-interact.net/

Außerdem der Hinweis auf einen taz-Artikel von heute: Zwei Tote bei Unruhen in Auffanglager

Parallel dazu wurde der Aufruf zu einem transnationalem Treffen in Tunesien im September 2011 veröffentlicht, der eine Internsivierung der Zusammenarbeit transnationaler Initiativen bewirken soll.

Grenzfrei-Festival in Münster

Grenzfrei
Am kommenden Wochenende wird in Münster das grenzfrei-Festival stattfinden. Zu den Themen Rassismus, Migration und Flucht wird es zahlreiche Workshops, Diskussionen, Aktionen sowie Theater, Kunst und vieles mehr geben – um zu bilden, zu reden, aufmerksam zu machen.

Das vorläufige Programm findet ihr unter:
http://www.grenzfrei-festival.org/wp-content/uploads/2011/04/Programm4.pdf
Weitere Informationen zu Ablauf und Organisation finden sich unter:
http://www.grenzfrei-festival.org/

Wir bieten die Plattform, die durch das Festival geschaffen wird, allen Aktiven an und laden euch ein, dieses Festival auch zu eurem Festival zu machen. Wir brauchen eure Unterstützung und Erfahrung, damit das Festival ein Erfolg wird und unsere Anliegen im Sinne des Karawane-Festivals „kreativ und bestimmt“ zum Ausdruck kommen.
Wir hoffen, dass ihr und möglichst viele weitere Menschen das Festival mitdenken und mitgestalten werden!

Anfrage zu Sammelunterkünften in NRW

Die Landesregierung NRW hat auf eine kleine Anfrage der Linkspartei zu den kommunalen Sammelunterkünften für Flüchtlinge im Land geantwortet. Die Auflistung der Unterkünfte ist nicht vollständig, da „[a]uf Grund der kurzen Frist zur Beantwortung dieser Kleinen Anfrage […] nur Gemeinden berücksichtigt werden [konnten], die bis zum vorgegebenen Termin geantwortet und mitgeteilt haben, dass sie über Sammelunterkünfte verfügen.“
Für die aufgelisteten Unterkünfte wird aufgeschlüsselt, ob sie über eine eigene getrennte Wohneinheit, eine eigene Kochstelle sowie ein eigenes Bad für jede Haushaltsgemeinschaftverfügen, welche Kosten entstehen, und inwieweit sie an den ÖPNV angebunden sind.

Die Anfrage alleine ändert nichts an den Zuständen. Ändern wird sich nur was, wenn wir gemeinsam mit den Betroffenen dafür kämpfen!

Solidarität mit Silvia, Billy, Costa und Marco!

Vom 1.5. bis zum 28.5. befinden sich vier anarchistische Gefangene in der Schweiz in einem befristeten Hungerstreik. Jede/r nimmt für eine Woche am Streik teil.

Wir dokumentieren ein Flugblatt von GenossInnen aus der Schweiz, das am 1. Mai verteilt worden ist, sowie die Erklärung der Gefangenen zu ihrem Streik:

Flugi 1.5.

Vorderseite:

SOLIDARITAET MIT DEN ANARCHSTISCHEN GEFANGENEN !

vom 1.5.-28.5.11 befinden sich billy berna­sconi, costa ragusa, marco camenisch und silvia guerini im kollektiven hungerstreik. jede/r wird für je eine woche den streik fortführen. mit dieser initiative wollen die gefangenen ihre kämpfe vorantreiben.

billy bernasconi, costa ragusa und silvia guerini wurden letztes jahr in der nähe von zürich verhaftet. ihnen wird vorgeworfen, gegen die baustelle eines nanotechnologie-forschungszentrums der ibm eine aktion geplant zu haben. seither sitzen sie unter verschärften bedingungen in untersuchungshaft — billy derzeit in thun, costa in bern und silvia in biel. um sie zu isolieren, hat die bundesanwaltschaft eine politische zensur der kommunikation durchgesetzt: sie erhalten willkürlich nur einige wenige briefe und postkarten. die verständigung untereinander und mit ihren nächsten wird verunmöglicht, bücher und politische infos kommen nicht an. billy und costa wurden zudem mehrfach verlegt. für gefangene ein massiver eingriff in den mühsam erarbeiteten knastalltag. Weiterlesen

Der Fall Oury Jalloh geht weiter…

Seit Januar läuft das Revisionsverfahren im Fall Oury Jalloh gegen Andreas Schubert vor dem Magdeburger Landgericht. Der damalige Dienstgruppenleiter hat sich erneut wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu verantworten.
Der zuständige Oberstaatsanwalt vertritt auch im Revisionsverfahren keinesfalls den Standpunkt, dass Oury Jalloh in der Zelle 5 ermordet wurde. Stattdessen spricht er im Zusammenhang mit dem Tod des jungen Mannes aus Sierra Leone unbeirrt von einem „Unglück“. Damit impliziert er den Prozessbeteiligten, dass die Geschehnisse am 07.01.2005 im Dessauer Polizeirevier eine Art „Unfall“ gewesen seien.
Die Hypothese des Oberstaatsanwaltes ist allerdings genauso haltlos wie alle anderen Theorien, die davon ausgehen, dass Oury Jalloh sich, aus welchem Grund auch immer, allein entzündet hat. Abgesehen davon, dass er nachweislich kein Feuerzeug bei sich hatte und die Matratze auf der er lag keine offensichtlichen Beschädigungen aufwies, fehlt der wohl wichtigste Beweis, der für eine Selbstentzündung, mit dem Ziel, auf sich Aufmerksam zu machen, sprechen würde: Oury Jalloh hat nicht geschrien!

Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh begleitet den Prozess kritisch und veranstaltet regelmäßig Demonstrationen und Mahnwachen. Die nächste Demonstration durch Magdeburg wird es am 19.05.2011 im Anschluss an die Hauptverhandlung geben. Der Treffpunkt ist um 16:00 Uhr vor dem Magdeburger Landgericht.

Dazu aktuell ein Interview mit Komi Edzro von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh in der heutigen jungen welt: http://www.jungewelt.de/2011/05-06/050.php