Heftige Proteste gegen Abschiebeknast in Rom

Bereits am 15. Februar demonstrierten etwa 10.000 Menschen -in der Mehrzahl Migrant*innen – gegen den Abschiebeknast von Rom Ponte Galeria (genannt C.I.E.). In den Tagen zuvor hatte die Polizei mehrere Antira-Aktivist*innen verhaftet und Migrant*innen abgeschoben, die am Hungerstreik gegen Abschiebung Ende letzten Jahres beteiligt waren. Die Bullen beschlagnahmten außerdem das Fahrzeug mit der Soundanlage der Demonstration, um Kommunikation zu verhindern.

Doch auch durch diese Maßnahmen ließen sich die Protestierenden nicht aufhalten. Die massive Demonstration unter dem Motto „Ponte Galeria und alle Abschiebeknäste schließen!“ machte deutlich, dass es keinen Platz für diese Orte in Italien und in Europa gibt.

Vor dem C.I.E. wurden Zäune mit Hakenkrallen und Seilen angegriffen und zerstört und die Bullen mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Sie kündigten an, dass die Proteste weitergehen werden, bis all diese Ort definitiv geschlossen sind.

Am 28. Februar wurde das Büro von AUXILIUM blockiert, einer Genossenschaft, die für die Verwaltung des C.I.E und weiterer geschlossener Lager in Italien verantwortlich ist. Wenige Tage später, in der Nacht zum 1. März, wurden in Rom neun riesige Poster aufgehängt, die die Schließung des C.I.E. und aller Knäste forderten. Die Aktion stand im Rahmen des „Migrant Worker’s Day“, an dem in mehreren Städten Norditaliens Demonstrationen stattgefunden haben. Alle Aktionen nahmen außerdem explizit Bezug auf die große Demonstration der Gruppe Lampedusa in Hamburg am selben Tag mit über 5.000 Teilnehmer*innen. Gleichzeitig wurde mobilisiert für den transnationalen Marsch der Flüchtlinge von Strasbourg nach Brüssel im Mai und Juni diesen Jahres.

Berichte (in Englisch), Bilder und Videos zu den Aktionen gegen das C.I.E.: http://www.dinamopress.it/multilanguages

“At the limen” – Bericht über Abschiebungshaft und die EU-Rückführungsrichtlinie

Untersuchung zeigt gravierende Mängel bei der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie in Spanien, Italien und Zypern
Unmenschliche und rechtswidrige Bedingungen in der Abschiebungshaft

Vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2014 hat borderline-europe e.V. in Kooperation mit den Partnerorganisationen KISA in Zypern, Borderline Sicilia in Italien und Mugak und Acoge in Spanien die Umsetzung der so genannten Rückführungsrichtlinie der EU (2008/115/EG) und hierbei insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Abschiebungshaft in den drei Ländern untersucht.
Dieses Projekt wurde unterstützt durch das EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“. Die wichtigsten Rechercheergebnisse liegen nun in der Broschüre „At the limen“ vor. In allen drei Ländern konnten bei der Ausgestaltung der Abschiebungshaft zum Teil  gravierende Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen die Vorschriften der Rückführungsrichtlinie festgestellt werden.

Dazu zählen:

  • 18 Monate Abschiebungshaft werden vielfach zur Regel: Haft als ultima ratio, wie in der Rückführungsrichtlinie vorgesehen, wird nicht dementsprechend angewandt.
  • Freiheitsberaubung von MigrantInnen, obwohl die Abschiebung faktisch mangels Zustimmung der Heimatländer nicht durchführbar ist. Haft als ultima ratio wird einmal mehr nicht angewandt.
  • Inhaftierung von Minderjährigen und besonders Schutzbedürftigen.
  • Mangel an effektivem Rechtsschutz.
  • Mangelnde sozio-medizinische Versorgung oder Einschränkung dieser.
  • Mangelnde Information der inhaftierten MigrantInnen: vielfach sind die Gründe für den Freiheitsentzug nicht bekannt.
  • Die Kriminalisierung von MigrantInnen: Strafhaft und Abschiebungshaft werden oft nicht unterschieden. Oftmals findet keine Trennung von Strafhäftlingen und

MigrantInnen in den Gefängnissen statt, was dazu führt, dass die MigrantInnen in der Öffentlichkeit als Kriminelle wahrgenommen werden. Die Durchsetzung des Verwaltungsaktes „Abschiebungshaft“ – in den beteiligten Ländern daher auch Verwaltungshaft genannt – führt zur Freiheitsberaubung und zur Verletzung menschenrechtlicher Standards. Sie führt jedoch nicht zu einer effektiveren Rückführung, wie der Bericht erläutert.
Die Studie zeigt, dass in Italien, Spanien und Zypern die in der Rückführungsrichtlinie festgelegten Prinzipien und Regeln nicht respektiert werden. Dies wird sich unseren Erkenntnissen nach auch nicht ändern, so lange Abschiebungshaft als legitimes Werkzeug in der Migrationspolitik der Europäischen Union angesehen wird.

Die Europäische Kommission hätte bis zum 24. Dezember 2013 einen Evaluationsbericht dieser Rückführungsrichtlinie vorlegen müssen. Dieser liegt bis heute nicht vor. Ob dieser Bericht entsprechend notwendige Änderungen vorschlagen wird, ist ungewiss.
Die Broschüre kann als Printversion bei borderline-europe, Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, D-10961 Berlin; mail@borderline-europe.de angefragt werden und steht zusätzlich auch als download unter www.borderline-europe.de zur Verfügung.

Abschiebehaft in Deutschland, Zahlen aus Sachsen

In Deutschland wird weiter rechtswidrig inhaftiert – der Bundesregierung ist es egal. Das ist die Folgerung aus der Antwort auf eine kleine Anfrage (pdf) der Linksfraktion im Bundestag. Ulla Jelpke (MdB) hat dazu auch einen Artikel in der junge welt verfasst: Rechtswidrig inhaftiert (15.01.2014).

Auch in Sachsen wurde von der dortigen Landesregierung eine kleine Anfrage zu den Zahlen der Abschiebehaft beantwortet (die Antwort ist noch nicht online). Die Doebelner Allgemeine berichtet: Auskunft über Abschiebehaft in Sachsen (16.01.2014)

Die Zukunft der JVA Büren wird vor Gericht entschieden

Neue Westfälische 15 – Paderborn (Kreis) , 11.01.2014:

Abschiebehaft beschäftigt Justitia / Seit 20 Jahren sitzen in Büren Häftlinge ein / Bundesgerichtshof muss entscheiden

Von Jutta Steinmetz

Kreis Paderborn. Seit genau 20 Jahren sitzen in der ehemaligen NATO-Kaserne Stöckerbusch bei Büren am Rande des Sauerlandes Abschiebhäftlinge ein. Diese Justizvollzugsanstalt (JVA) mit ihren 500 Plätzen galt lange Zeit als der größte Abschiebeknast Europas. Auch wenn die Zahl der Inhaftierten auf zur Zeit 51 Männer und zwei Frauen zurückgegangen ist, steht jetzt die JVA im Mittelpunkt einer rechtlichen Diskussion. Denn die Richter am Amtsgericht Paderborn haben ihre Probleme mit Stöckerbusch. Ihnen gilt dort eine Inhaftierung von Abschiebehäftlingen als rechtswidrig.

Seit 2007 wird nämlich in der JVA Büren auch Strafhaft verbüßt. 170 Menschen sitzen dort zur Zeit ihre Freiheitsstrafe ab. „Keine Schwerstkriminellen“, wie Udo Wehrmeier, Leiter der Justizvollzugsanstalt, betont, sondern die so genannten „Eierdiebe“, wie zum Beispiel Menschen, die notorisch keinen Fahrschein für ihre Bus- oder Zugfahrt erwerben oder Autofahrer, die Knöllchen lieber sammeln als sie zu bezahlen. Allesamt für den offenen Vollzug nicht geeignet verbringen sie höchstens drei Monate hinter Bürener Gittern. Dabei seien sie von den Abschiebehäftlingen räumlich getrennt in unterschiedlichen Häusern untergebracht, wie Wehrmeier erklärt. Auch bei den Freizeitbeschäftigungen, beim Sport, bei der Arbeit und sogar bei Gottesdiensten und dem Freitagsgebet werde darauf geachtet, dass es nicht zu persönlichen Kontakten zwischen Straf- und Abschiebehäftlingen komme.

Doch das reicht den Richtern am Amtsgericht Paderborn nicht. Schließlich verlangt die Europäische Union ausdrücklich, dass die Inhaftierung von Menschen, die sich ohne gültigen Aufenthaltstitel in einem Land aufhalten, nicht zusammen mit Strafgefangenen erfolgen darf. Sie müssen in gesonderten Hafteinrichtungen untergebracht werden, so die EU-Vorgabe. „Sind spezielle Hafteinrichtungen nicht vorhanden, kann sie in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden, die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen“, heißt es weiter.

Und genau dieser Passus macht den Amtsrichtern Kopfschmerzen. Sicherlich gebe es in Nordrhein-Westfalen keine einzige Einrichtung, die allein dem Vollzug der Abschiebehaft vorbehalten sei, sagen sie, aber in anderen Bundesländern wie Berlin und Brandenburg sehr wohl. Möglicherweise müssten Abschiebehäftlinge aus NRW dann dorthin überstellt werden. Man sei unsicher, ob die Vorgabe der EU tatsächlich auf den deutschen Föderalismus abhebe, heißt es aus dem Amtsgericht, das deshalb am Dienstag einen Abschiebehäftling in die Freiheit entließ. Zudem verweisen die Richter auf einen entsprechenden Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH). Und so werde man auch weiterhin entscheiden – bis der Fall höchstinstanzlich geklärt ist.

Das wird der BGH schon bald tun müssen. Denn das Landgericht Paderborn teilt die Meinung der Amtsrichter nicht. Mit der in der Bürener JVA vollzogenen räumlichen und organisatorischen Trennung werde den Vorgaben der EU Rechnung getragen, bekundete die zuständige Kammer am Landgericht und erklärte jetzt die Inhaftierung eines 22-Jährigen aus dem Kosovo für rechtlich korrekt.

Es geht um die Zukunft der JVA Büren

Dagegen zieht der junge Mann, der seit fast sieben Wochen in Büren einsitzt, vor den Bundesgerichtshof. In der kommenden Woche würden die Karlsruher Richter eine Entscheidung fällen, sagt Flüchtlingshelfer Frank Gockel.

Für ihn ist das aber viel mehr als die Klärung eines individuellen Falles. „Hier geht es um die grundsätzliche Frage, ob die JVA Büren künftig eine Straf- oder eine Abschiebehaftanstalt sein wird“, sagt er. Zwar sei auch in NRW die Zahl der Abschiebehäftlinge rückläufig, aber noch immer verhältnismäßig hoch, in anderen Bundesländern tendiere sie gegen null. Grund dafür sei die gängige Rechtsprechung des BGH, vor dem die Menschen, die gegen ihre Abschiebehaft klagten, zumeist erfolgreich seien, wie Gockel erklärt. Allerdings koste die anwaltliche Vertretung vor dem BGH 350 Euro – für Flüchtlinge nicht selten eine zu hohe Summe.

Zahlen und Fakten

Am Amtsgericht Paderborn wurden 2013 insgesamt 107 Verfahren geführt, in denen sich Menschen gegen ihre Abschiebung wehrten. Insgesamt ist die Tendenz deutlich fallend, denn 2011 waren immerhin 167, 2009 sogar noch 260 Verfahren zu entscheiden. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren-Stöckerbusch wird für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm die Abschiebehaft durchgeführt. Im Durchschnitt mussten weibliche Abschiebehäftlinge knapp 29, männliche gut 35 Tage in der Justizvollzugsanstalt Büren einsitzen bezogen auf das Jahr 2012.

Gericht untersagt Haft in Büren

Artikel aus dem Westfälischen Volksblatt vom 21./22.12.2013

Haft in Büren untersagt
Nicht vor Abschiebung

Von Bernd Bexte
Büren (WB). Das Amtsgericht Paderborn hat die Unterbringung eines AbschiebehäftIings in der JVA Büren für rechtswidrig erklärt. Grund: Bei der JVA handele es sich nicht um eine spezielle Einrichtung für die Abschiebehaft. Denn dort werden auch Ersatzfreiheitsstrafen und kurze Freiheitsstrafen vollstreckt. Das stehe im Widerspruch zur Rückführungsrichtlinie der EU von 2008. Sie schreibt die Unterbringung in speziellen Abschiebehaft anstalten vor.
Eine Haft in Büren komme erst in Frage, wenn in keiner nur für die Abschiebehaft vorgesehenen Einrichtung ein Platz zur Verfügung stehe. Diese gibt es in anderen Bundesländern.
Im konkreten Fall ging es um einen Mann aus dem .Kosovo, der in sein Heimatland abgeschoben werden soll. Nach Angaben der JVA ist dies das erste Mal, dass ein Gericht die Unterbringung eines Abschiebehäftlings in Büren wegen der EU-Richtlinie untersagt.
Die Bundespolizei, die die Unterbringung beantragt hatte, will den Fall jetzt vom Landgericht überprüfen lassen. Der Bürener Verein »Hilfe für Menschen in Abschiebehaft« fordert die Landesregierung auf, die Abschiebehaftanstalt in Büren zu schließen. Sie ist die einzige in NRW. Zwar sei der Gerichtsbeschluss nur in einem Einzelfall ergangen, jedoch lasse sich die .Begründung auf jeden Gefangenen dort übertragen, meint Sprecher Frank Gockel.
In Sachsen und Bayern hätten ähnliche Beschlüsse zur faktischen Einstellung der Abschiebehaft geführt. Das NRW-Justizministerium verweist auf Beschlüsse anderer Landgerichte (Bielefeld, Köln), die die Unterbringung in Büren für regelkonform erklärt hätten.

No Border Lasts Forever Konferenz III – 21.-23. Februar 2014

Rückblicke und Perspektiven antirassistischer Bewegungen –
Studierendenhaus/ KOZ, Universität Frankfurt-Bockenheim, Mertonstr. 26-28

Bitte nehmt an unserer Umfrage teil, die das inhaltliche Programm der Konferenz mitentwickeln soll – siehe unten.

Vor zwei Jahren fand die letzte No Border Lasts Forever Konferenz in Frankfurt statt. Zwei Jahre andauernde Kämpfe und Veränderungen in antirassistischen und selbstorganisierten Bewegungen der Migrant_innen. Besonders hervorzuheben: der Aufstand der Flüchtlinge, der sich bundesweit und transnational (auch außerhalb Europas) in vielfältigen und starken Kämpfen und Initiativen ausdrückt.

Flüchtlinge marschierten von Würzburg nach Berlin. Dort ist der Oranienplatz seit mehr als einem Jahr besetzt und setzt damit die Lebensrealität von Flüchtlingen in Deutschland wieder auf die politische Tagesordnung. “Lampedusa in Hamburg” überbrückte nicht nur die Distanz zwischen der Mittelmeerinsel und der norddeutschen Hafenstadt, sondern schuf zugleich in der Hansestadt ein starkes Netzwerk mit der klaren Forderung für ein Bleiberecht. In Baden-Württemberg nahm sich eine Gruppe afghanischer Flüchtlinge aus Ungarn ihr Recht auf Bewegungsfreiheit und stellt das Dublin II-Regime in Frage. Das Tribunal in Berlin prangerte systematisch die unmenschliche deutsche Flüchtlingspolitik an. In Bayern mobilisierte eine Kampagne mit Hungerstreiks, Märschen und Besetzungen viele Flüchtlinge und greift damit Regelungen wie Residenzpflicht und das Asylbewerberleistungsgesetz an, unterlegt wird dies von einer klaren Forderung fürs Bleiberecht. Bundesweit finden in Lagern selbstorganisierte Proteste and Touren statt, um die Isolation zu durchbrechen. Der Widerstand gegen Abschiebungen geht weiter und intensiviert sich. Die neue Sichtbarkeit von Flüchtlingskämpfen ist nicht auf Deutschland beschränkt, Protestcamps entstehen inmitten   großer Europäischer Städte wie Amsterdam und Wien. Es finden Revolten und Hungerstreiks in vielen Gefängnissen entlang der Grenzen Europas statt, “no fingerprint” Demonstrationen in Lampedusa, sit-in-Proteste in Tunis und wiederholte Massen-Stürmungen der Zäune von Ceuta and Melilla. Aktuell erleben wir eine transnationale Verstetigung und Verfestigung der Kämpfe um Bewegungsfreiheit.

Gleichzeitig sind wir mit der andauernden Grausamkeit des europäischen Grenzregimes konfrontiert, das unausgesetzt Tod und Leid schafft. Trotz öffentlicher Aufmerksamkeit für die Tragödie von Lampedusa im Oktober 2013 wird Frontex ausgebaut und gestärkt und EuroSUR (European Surveillance System) eingeführt. Überall in Europa nehmen rassistische und populistische Mobilisierungen zu und bedrohen damit wichtige Errungenschaften und Fortschritte der letzten Jahrzehnte.

Wir – unterschiedliche antirassistische Gruppen und selbstorganisierte Flüchtlinge und Migrant_innen sowie transnationale Netwerke – haben uns im November getroffen, weil uns aufgrund der genannten Entwicklungen ein politischer Raum für einen Austausch wichtig ist – ein Raum, um gemeinsam solidarisch zu diskutieren und damit die antirassistischen Kämpfe voran zu bringen und das Potential für gemeinsame, kollektive Antworten zu entwickeln. Weiterlesen

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Kompass-Antira-Newsletter erschienen!

+++ Choucha-Druckkampagne zur Innenministerkonferenz +++ Adventsdemos und Schülerstreik für „Lampedusa in Hamburg“ +++ Protestcamp Oranienplatz in Berlin bleibt +++ Weitere Prozesse wegen Besetzung nigerianischer Botschaft +++ „Global Action Day“ am 18.12. +++ Kampf gegen Dublin II – Abschiebungen nach Ungarn +++ Neues zu Oury Jalloh und Laye Conde +++ „Watch The Med“ gegen Eurosur +++ Neue Zeitung von „Afrique Europe Interact“ +++ „No Border lasts forever“ – Konferenz für Februar 2014 in Vorbereitung +++ „Blockupy“ – Konferenz und Mai 2014 Karawane +++

Liebe Freundinnen und Freunde!

Morgen bei der Demo zur Innenministerkonferenz in Osnabrück und auch danach von überall per Fax die Aufnahme der Choucha-Flüchtlinge fordern, bei Adventsdemos und SchülerInnenstreiks für Lampedusa in Hamburg mitwirken, das Protestcamp am Oranienplatz in Berlin verteidigen, in Prozessen gegen Flüchtlingsaktivisten wegen der Besetzung der nigerianischen Botschaft Solidarität zeigen, Dublin-II-Abschiebungen verhindern, Zeitungen von Afrique Europe Interact verbreiten und das WatchTheMed-Projekt bewerben … Wie unten jeweils kurz ausgeführt, gibt es auch in den kommenden Tagen und Wochen reichlich Anlass und Möglichkeiten, die Kämpfe von Flüchtlingen und MigrantInnen zu unterstützen.

Im letzten Newsletter hatten wir angesichts der anhaltenden Protestwelle und einer durch Lampedusa sensibilisierteren Öffentlichkeit formuliert: „Die Herausforderung bleibt, nun in den kommenden Wochen und Monaten kontinuierliche lokale Aktivitäten zu entfalten und gleichzeitig neue, übergreifende Durchsetzungsstrategien zu diskutieren.“ Raum dafür wird sich insbesondere vom 21. bis 23. Februar 2014 in Frankfurt bieten, wenn dort die dritte antirassistische Konferenz unter dem bewusst doppeldeutigen Titel „No border lasts forever“ stattfinden wird. Zudem nimmt die Idee einer europaweiten Karawane nach Brüssel für Mai/Juni 2014 erste Gestalt an. Ein erster Aufruf kursiert und weitere Treffen sind vereinbart, um die vielfältigen Kämpfe quer durch Europa und darüber hinaus miteinander zu verbinden. Zur Konferenz und Karawane finden sich unten ebenfalls erste weitere Informationen, beides wird im nächsten Kompass-Newsletter Anfang Januar 2014 dann ausführlicher vorgestellt.

mit besten Grüßen,
die Kompass-Crew

Hier gehts zum Kompass-Newsletter Nr. 22 (pdf)

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Kommt die Bundesratsinitiative?

Angeblich war die Zukunft der Abschiebehaft auch Thema am Rande der Innenministerkonferenz in Osnabrück. Nach Angaben der Frankfurter Rundschau hat Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) das Thema für das Kamingespräch am vergangenen Donnerstag angemeldet.
Die Meinungen dazu gehen durchaus auseinander. Während einige Bundesländer vor allen Dinge in Hinblick auf die Kosten für eine länderübergreifende Lösung plädieren, hat Bayern jüngst durch die Inbetriebnahme einer neuen Anstalt Fakten geschaffen. Und während die CDU-regierten Länder sich die Abscheibehaft als Option erhalten wollen, drängen einige Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung auf eine Abschaffung.

„Wir halten Abschiebehaft für inhuman“, hat der schleswig-holsteinische Innenminister Andreas Breitner (SPD) unmissverständlich formuliert. Es habe keinen Sinn, Flüchtlinge „in wilhelminischen Zuchthäusern unterzubringen“. Breitner zeigt sich erfreut, dass sich die Innenminister nun mit dem Thema befassen. Er kündigte eine Bundesrats-Initiative für Anfang 2014 an. Er freue sich, wenn die Länder „im engen fachlichen Austausch versuchen, das gesamte Abschiebehaft-System auf neue Füße zu stellen“, sagte der SPD-Politiker der „FR“.

Allerdings müsste einem solchen Antrag letztendlich auch der Bundestag zustimmen. Angesichts der Ergebnisse des Koalitionsvertrages bleibt wenig Grund zur Hoffnung.
Eine erste Einschätzung der geplanten Veränderungen in flüchtlingspolitischen Bereich haben women in exile veröffentlicht.

Bayern handelt: Neuer Abschiebeknast

Nur wenige Wochen nach dem Urteil des Landgerichts München II (siehe Abschiebehaft darf nicht Haft sein) hat die bayerische Landesregierung eine Alternative präsentiert: die JVA Mühldorf wird zum neuen Abschiebeknast für ganz Bayern, mit 14 Haftplätzen für Frauen und 68 für Männer. Natürlich nicht ohne zu betonen, dass die Bedingungen für Abschiebehäftlinge besser sind als für Strafgefangene – von ihrem Eingesperrt-Sein mal abgesehen.
Wir denken dagegen, dass es Zeit ist, Abschiebehaft ganz abzuschaffen. Keine neuen Knäste! Bewegungsfreiheit für alle!

Dazu zwei Zeitungsartikel: eins | zwei

Es ist ein Massenmord im Gange

Nicht irgendwo, nein hier in Europa. Der Rassismus Europas, der sich in Grenz- und Migrationskontrollen manifestiert, tötet täglich. Zur Aufrechterhaltung eines kapitalistischen Normalzustandes, der selbst in der Krise ist und millionenfaches Leid und Not erzeugt, bedeuten Menschenleben nichts.
Die EU, im letzten Jahr für „Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa“ mit dem Friedensnobelpreis geehrt, ist verantwortlich für den Massenmord im Mittelmeer. Ihre Grenzschutzagentur FRONTEX zwingt systematisch Menschen zur Umkehr, die nach Europa wollen, völker- und menschenrechtswidrig. Die Regierungen Europas drangsalieren diejenigen, die den gefährlichen Weg geschafft haben, stecken sie widerrechtlich in Gefängnisse, lassen sie auf offener Straße verhungern und schieben sie zurück in die Hände ihrer Mörder, in Krieg, in Hunger, Kälte und Obdachlosigkeit.
Sind Abschiebungen nicht möglich und muss ein Aufenthalt gewährt werden, steckt man sie in Lager, zwingt sie in die Isolation und setzt sie den rassistischen Anfeindungen und Übergriffen der Bevölkerung aus. Wehren sie sich, werden Opfer und Täter verkehrt.

Und (…) weil noch das ärmste Land des Südens ausgepreßt wird bis auf den letzten Tropfen Gut und Blut, verhungert auf dieser schönen, reichen Welt alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren, sterben Tag für Tag 57.000 Menschen an Hunger. Und weil nicht alle verhungern wollen, machen manche sich mit letzter Kraft auf den Weg dorthin, wohin seit Jahrhunderten all ihr Hab und Gut gegangen ist (…). Wäre es nicht so streng verboten wie dem Fischer vor Lampedusa die Rettung ertrinkender Afrikaner, möchte man das Gewaltverhältnis, das da waltet, Imperialismus nennen.
(…) Es geht nicht darum, wer wie viele aufgenommen hat, wen wer was kostet, es geht nicht um Kontingente, Brot für die Welt und andere Peanuts. Es geht auch nicht nur um unterlassene Hilfeleistung. Es geht um staatlich konzessionierten Mord, Massenmord.

(Hermann L. Gremliza, konkret 11/2013)