Besuchskampagne von open access now geht weiter!

Presseerklärung von migreurop vom 10. Mai 2012: http://www.migreurop.org/article2125.html?lang=fr

Besuchskampagne: Behinderung des Informationsrechts

« Abschiebungshaftanstalten in Europa : Macht die Türen auf ! Wir haben das Recht zu wissen, was dort passiert ! »

open access nowDie Abschiebungshaft, ein alltägliches Instrument der europäischen Migrationspolitik, ist eine vor der Zivilgesellschaft und den Medien versteckte Realität. Diese Intransparenz begünstigt untragbare Zustände und vielfache Verletzungen der Menschenrechte. Dennoch haben europäische Bürger_innen das Recht zu wissen, welches die Konsequenzen einer Politik sind, die in ihrem Namen durchgesetzt wird.

Im Rahmen der Kampagne « Open Access : Macht die Türen auf ! Wir haben das Recht zu wissen, was dort passiert ! », die von mehreren Organisationen der Zivilgesellschaft getragen wird, haben die Netzwerke Migreurop und Europäische Alternativen eine Besuchskampagne für die Abschiebehaftanstalten in Europa und darüber hinaus eingeleitet, die vom 26. März bis zum 26. April 2012 stattfand. Es ging darum, eine öffentliche Bestandsaufnahme des Zugangsrechts der Zivilgesellschaft (insbesondere von Vereinen und Medien) zu den Abschiebungshaftanstalten zu machen. Gemäß europäischem Recht ist der Zugang zu Information ein unabdingbares Recht der europäischen Bürger_innen und wird von allen europäischen Institutionen verteidigt.

Reporter ohne Grenzen, zahlreiche Journalist_innen, Organisationen und Zusammenschlüsse von Bürger_innen haben Besuchsanträge bei den zuständigen Behörden ihrer Region eingereicht. Daraus ergibt sich, dass Abgeordnete der nationalen und europäischen Parlamente, aber auch Aktivist_innen und ganz selten Journalist_innen 14 Abschiebungshaftanstalten besuchen konnten, und zwar in Bulgarien, Spanien, Italien, Mauretanien, Serbien und Kroatien.

Die ersten Feststellungen sind besonders beunruhigend und zeigen einen klaren Willen, diese Orte so unsichtbar und unzugänglich wie möglich zu halten. Die Organisationen konnten mehrere Besichtigungen nicht durchführen, da die Behörden die Besuchsanträge ablehnten oder sie unbeantwortet ließen. Der Zugang von Journalist_innen wurde ganz klar verhindert. Diese Situation muss folgende Frage aufwerfen : « Und jetzt, was machen wir ? ». Ein umfassender Bericht über die Besichtigungen wird demnächst veröffentlicht und wird es ermöglichen, die Situation der eingesperrten Migrant_innen bekannt und öffentlich zu machen. Er wird auch Gelegenheit geben, zu überlegen, was für Folgen diese Kampagne haben sollte. Es muss ermöglicht werden, die tatsächlichen Abschiebehaftbedingungen bekannt zu machen Wir haben das Recht zu wissen, was sich drinnen abspielt. Weiterlesen

Familienvater aus Brilon in den Kosovo abgeschoben

Presseerklärung von alle bleiben: http://www.alle-bleiben.info/news/info-news97.htm

alle bleiben!

Adil H. war 1992 als kleines Kind mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Am vergangenen Donnerstag (26.04.2012) wurde der junge Familienvater aus Brilon in die Republik Kosovo abgeschoben. Seine Ehefrau und seine 16 Monate alte Tochter blieben allein zurück. Familie und Freunde von Adil kämpfen nun für seine Rückkehr

Stellen Sie sich vor, Sie sind als kleiner Junge nach Deutschland geflohen…Geflohen vor Krieg, rassistischer Verfolgung und Armut…

In Deutschland erwartete Sie dann ein Leben in isolierenden Heimen, struktureller Ausgrenzung und Benachteiligung, ein Arbeitsverbot, eine prekäre Beschäftigung mit ständiger Angst vor Abschiebung, da Sie alle paar Monate auf eine Verlängerung der Duldung warten…

Sie leben 20 Jahre in Deutschland unter diesen Bedingungen. Schaffen es dennoch als Leiharbeiter eine Familie zu gründen. Sie heiraten eine Frau mit Aufenthaltserlaubnis, haben nun ein einjähriges Kind mit ihr…Sie fühlen sich hier zu Hause, kennen nur Deutschland.

Stellen sie sich vor, dass plötzlich nachts um halb 1 ein Einsatzteam von Bundespolizei und Ausländerbehörde ohne Vorankündigung in ihr Wohnheim eindringt, dort alle Räume und Menschen durchsucht und kontrolliert. Zeitgleich werden präventiv ebenso ihre Familienangehörigen in ihren Wohnungen besucht und kontrolliert, selbst wenn sie noch Duldungen haben, schwer krank sind und jeden Tag in genau dieser Angst vor Abschiebung leben…

Sie werden gewaltsam mitgenommen, zusammen mit vielen anderen in einen Flieger gesteckt, getrennt von ihren Freunden, ihrer Familie, ihrer Lebenswelt…Sie werden abgeschoben in ein Land was ihnen nicht bekannt ist. Sie sprechen nur deutsch und niemand versteht sie. Sie leben auf einmal in einer Art Ghetto und können sich nicht frei bewegen, aus Angst vor rassistischen Kontrollen und gewalttätigen Übergriffen. Sie haben keine gesundheitliche Versorgung, kein Geld, oft kein Wasser, kein Essen, fast keine Chance auf einen Job. Sie leben in Baracken und müssen Müll auf verwertbares durchsuchen…

ALL DAS IST REALITÄT in Deutschland und nur ein Beispiel tatsächlich passierter Vorgänge in diesen Tagen….Tausende Roma werden nach Ex-Jugoslawien abgeschoben, selbst wenn sie über 20 Jahre hier leben, Familie haben, oft auf medizinische Versorgung angewiesen sind usw…

Der Abgeschobene des oben beschriebenen Beispiels steht nun vor dem Nichts, wurde unter unendlichem Leid von seiner Familie getrennt und darf nicht zurück nach Deutschland…
Pressemitteilung dazu: http://www.alle-bleiben.info/news/info-news97.htm

Der Betroffene war nicht „kriminell“, wie es wahrscheinlich viele der vorurteilsbeladenen deutschen Mehrheitsgesellschaft denken würden…

Menschen werden durch diese rassistischen Lebensbedingungen in Deutschland „kriminell“ gemacht und so war es in diesem Fall das fehlende Geld für Fahrkarten und die Nichtzahlung der darauf folgenden Bußgelder, die ihm in diesem Fall den Titel des Straftäters einbrachten.

Es ist nur ein Beispiel von hunderten, gar tausenden, die so ähnlich oder oft auch noch schlimmer stattfinden…Die verantwortlichen Behörden sehen nicht die Lage der Betroffenen. Die Verhältnisse in den Ex- Jugoslawien Staaten werden schön geredet, tatsächlich aber werden sie immer schlimmer. Der Rassismus gegen Roma (Antiziganismus) nimmt in Zeiten „der Krise“ immer mehr zu, bis hin zu pogromartigen Verfolgungen. Und auch nach der Ermordung von 500.000 Roma und Sinti im Nationalsozialismus, gibt es keine Entschädigung oder wirkliche Schutzregelung für diese Minderheit in Deutschland.

All das passiert unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Lassen Sie nicht zu, dass diese und andere gewaltvolle Abschiebungen weiterhin stattfinden können! Auch Schweigen ist eine Handlung…

Mehr Hintergrundinformationen und Möglichkeiten sich dagegen zu wehren:
www.alle-bleiben.info/info-news.htm
noborder.antira.info/de
abschiebestop.blogsport.de/

antiramh.blogsport.de

Spendenaufruf:
Die Aufenthaltserlaubnis der Frau endet nun auch bald und die Verlängerung steht zur Entscheidung. Sie soll sich nun in diesem traumatisierten Zustand Arbeit suchen um bleiben zu dürfen. Sie hat vor der Schwangerschaft gearbeitet, ist nun alleinerziehende Mutter eines 16 Monate alten Kindes und steht ohne das Einkommen des Mannes fast mittellos dar…Die Anwaltskosten um für die Rückkehr von Adil zu kämpfen, sowie um sich für das Bleiberecht der gesamten Familie einzusetzen werden mehrere hundert Euro betragen. Die Familie ist dringend auf Spenden angewiesen.

Spenden bitte auf das Kto:

Projekt Roma Center Sparkasse Göttingen
Verwendungszweck: Adil H.
K-Nr. 170 399
BLZ 260 500 01

Abschiebung
23-jähriger Familienvater aus Brilon in den Kosovo abgeschoben

Bericht unter www.derwesten.de

Bürener Verein fordert Abschiebestopp nach Malta

Dublin2Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., 23.04.2012:

Presseinformation

Büren / Malta. Am 17. April 2012 besuchte Bundestagspräsident Norbert Lammert eine Asylunterkunft in Malta. Die dort vorherrschenden Bedingungen für Flüchtlinge können nach Auffassung des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ nur zu einem sofortigen Abschiebestopp nach Malta führen.

Im Rahmen des so genannten Dublin-II-Vertrages ist für die Durchführung von Asylverfahren innerhalb der EU immer das Land zuständig, welches ein Flüchtling als erstes betreten hat. Durch die besondere geografische Lage beantragen mehrere tausend Menschen Asyl in Malta, wobei das Land nur knapp über 400.000 Einwohner hat. Anstatt sich der Herausforderung zu stellen, missachtet Malta die Menschenrechte, in dem sie Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen über Monate inhaftiert.

Haarun Kaliil Baatu Waado ist einer von ihnen. Nachdem er drei Monate als politischer Gefangener in Äthiopien inhaftiert war, brach er aus dem Gefängnis aus und beschloss 2008 über Libyen nach Italien zu fliehen. Doch durch eine Bootspanne konnte er nur Malta erreichen. Dort angekommen wurde er, wie alle Flüchtlinge, die in Malta Asyl beantragen, für 12 Monate inhaftiert. Mit 50 Menschen musste er eine Zelle von etwas über 50 Quadratmeter teilen und durfte sie in dem gesamten Zeitraum nur einmal verlassen. Er litt unter fehlender medizinischer Versorgung und hatte nicht genug zu Essen. Gewalt gehört in den Gefängnissen zum Alltag und das Personal unternimmt wenig, um diese Gewalt zu unterbinden.

Die maltesischen Gesetze sehen vor, dass diese Form der Haft nach 12 Monate enden muss. So wurde auch Waado entlassen und kam in ein Flüchtlingszentrum ähnlich wie das Marsa Open Flüchtlingszentrum in Albert Town, welches vor einer Woche Bundestagspräsident Norbert Lammert besuchte. Diese Flüchtlingszentren in Malta haben oft nicht genügend Schlafplätze und viele Flüchtlinge werden in Zelten untergebracht. Sie dürfen nicht arbeiten, bekommen aber auch kein Geld. Da die Flüchtlingslager überlastet sind, werden die Betroffenen von dort nach wenigen Wochen in die Illegalität entlassen. Dieses geschah auch nach drei Monaten mit Waado.

Waado beschloss von Malta zu fliehen und zu einem Freund nach Schweden zu reisen, um dort Asyl zu beantragen. Als er über Frankreich und die Niederlande in Deutschland einreiste, wurde er verhaftet und in das Abschiebegefängnis in Büren gebracht.

Nach dem so genannten Dublin-II-Abkommen, welches alle Staaten der europäischen Union unterzeichnet haben, ist für einen Flüchtling immer das Land zuständig, welches er als erstes betreten hat. Waado soll nun nach Malta zurückgeschoben werden. Stefanie Werdermann, Mitglied des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ besucht Waado seit einigen Wochen. Sie kennt die Gesetzeslage in Malta und befürchtet, dass Waado nach der Abschiebung erneut eine Haft von 12 Monaten ohne Gerichtsverhandlung in Malta bevorsteht. „In Malta wird Waado nie ein faires Asylverfahren bekommen. Er fürchtet in Malta wieder unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesperrt zu werden und hat panische Angst vor der Abschiebung“, so Werdermann.

Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ fordert daher die Bundesregierung auf, einen sofortigen Abschiebestopp nach Malta zu verhängen und die Dublin-II-Verordnung zu überdenken. „In immer mehr europäischen Ländern gibt es kein faires Asylverfahren. Kommt, wie in Malta, noch eine unmenschliche Behandlung der Betroffenen hinzu, so muss die Bundesrepublik handeln und darf nicht wegsehen“, so Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ Der Verein hofft, dass der Bundestagspräsident Lammert nun aus den eigenen Ansichten, die er in Malta gewonnen hat, sofort handelt und einen entsprechenden Beschluss herbeiführt. Eile ist geboten, da es ansonsten für Waado zu spät sein könnte.

Webseite des Vereins: www.gegenabschiebehaft.de

Mehr Informationen zu Dublin II: dublin2.info

Newsletter des Projekts Boats4People

Boats4PeopleBoats4People nimmt langsam Gestalt an. Im aktuellen Newsletter wird das Projekt nochmal beschrieben und die nächsten Schritte dargestellt:

Jedes Jahr werden zahllose Menschen zu Opfern des EU-Grenzregimes. Allein in 2011 starben 1.500 MigrantInnen auf dem Mittelmeer (Quelle:UNHCR). Gleichzeitig kontrolliert die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX gemeinsam mit nationalen Grenzpolizeien und mitttels mobiler und stationärer Radarsystemen den gesamten Mittelmeerraum. Boats4People wird die Situation an diesen Außengrenzen der EU untersuchen und dokumentieren, auf welche Weise die EU und FRONTEX in Zusammenarbeit mit libyschen und tunesischen Behörden sowie in Einzelfällen mit der NATO (Operation Active Endeavour) für eine kriminelle Politik und die systematische Verletzung der Menschenrechte verantwortlich sind. (…)

Boats4People zielt auf ein Monitoring im Mittelmeer, um Informationen zur Situation der MigrantInnen zu sammeln, diese in den Medien zu verbreiten und damit eine Öffentlichkeit herzustellen, die die Rolle der EU in diesem Zusammenhang aufs schärfste kritisiert. Boats4People nimmt Teil an der Vorbereitung juristischer Verfahren, in denen europäische Militär- oder Grenzkontrollboote die Hilfe an in Seenot Geratene unterlassen haben.
Ein anderer wesentlicher Punkt wird im Aufbau eines Netzwerks von Seeleuten bestehen, die uns im Falle von Menschenrechtsverletzungen auf See benachrichtigen und alarmieren können. Die Kooperation zwischen europäischen und afrikanischen Organisationen, AktivistInnen und ForscherInnen sehen wir als weiteren Schritt hin zu einer verstärkten und langfristigen transnationalen Zusammenarbeit. Mit dieser Mobilisierung rund ums Mittelmeer, in Afrika und Europa wollen wir erreichen, dass diese Region, statt weiterhin ein Massengrab für Flüchtlinge und MigrantInnen zu sein, zum Symbol der Solidarität wird. Unser Ziel ist Bewegungsfreiheit für Alle. (…)

Die Eckdaten des Zeitplans für Boats4People sind nun gesetzt: Das Projekt wird am 1. Juli in Cecina, Italien, beginnen, danach sind vom 5. bis zum 7. Juli Aktionen auf Sizilien in Vorbereitung. Im Anschluss daran wird Boats4People mehrere Zwischenstationen in tunesischen Hafenstädten machen. Letzer Stop wird ab 19. Juli Lampedusa sein, wo dieses Pilotprojekt einer gemeinsamen Monitorings zunächst endet.(…)

Den gesamten Newsletter (pdf) herunterladen

Verletzung des Informationsrechts der Zivilgesellschaft und der Presse in den Abschiebungshaftanstalten

Open access nowGemeinsame Pressemitteilung vom 17. April 2012

Im Rahmen der Kampagne « Open Access : Macht die Türen auf ! Wir wollen wissen ! », die von mehreren Organisationen der Zivilgesellschaft getragen wird, haben die Netzwerke Migreurop, Europäische Alternativen und Reporter ohne Grenzen vom 26ten März bis zum 26ten April versucht, Abschiebungshaftanstalten zu betreten. Zahlreiche Journalist_innen, Organisationen und Zusammenschüsse von Bürger_innen haben Besichtigungsanträge bei den Behörden ihrer Region, ihrer Stadt eingereicht, um die Lage des Zugangsrechts der Zivilgesellschaft und der Medien in den Abschiebungshaftanstalten festzustellen. (…)
Die Abschiebungshaftanstalten werden durch Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet. Wir fordern einen sofortigen Zugang zu diesen Haftzentren für die Zivilgesellschaft und die Presse auf, um die tatsächliche Haftbedingungen von Migranten bekannt zu machen. Wir haben das Recht zu wissen, was sich drinnen abspielt.

Unterzeichnende Organisationen : Alternatives Européennes, Migreurop, Reporters Sans Frontières (RSF)

Unterzeichnende Journalisten : Camille Polloni (Les Inrockuptibles), Carine Fouteau (Mediapart), Isabelle Romero (Radio France Internationale – Accents d’Europe), Marie Barbier (L’Humanité), Anja VOGEL (Radio France), Clarisse Lucas (journaliste), François Lepage (photographe indépendant), Claire Pêcheux (blog Amnesty Belgique)

Die gesamte Pressemitteilung ist zu lesen unter http://www.migreurop.org/article2110.html?lang=fr

Studie: Abschiebehaft vermeiden

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hat eine Studie zu Alternativen zu Abschiebehaft veröffentlicht. In dem 52-Seiten starken Bericht werden Projekte in drei europäischen Ländern dargestellt: die sogenannten „Rückkehrhäuser“ („return units“), in denen in Belgien Familien untergebracht werden, eine Einrichtung der Jugendhilfe speziell für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland und der Einsatz von Meldepflichten und elektronischen Fußfesseln im Vereinigten Königreich.

Mit der vorliegenden Studie möchte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst einen Beitrag zur Diskussion über Alternativen zur Abschiebungshaft leisten. Dabei wählen wir erneut den Weg, den Menschen direktes Gehör zu verschaffen, die von Abschiebung und Abschiebungshaft unmittelbar bedroht sind. In der Vorgängerstudie „Becoming Vulnerable in Detention“ (dt. „Quälendes Warten – Wie Abschiebungshaft Menschen krank macht“) konnten wir 2010 detailliert aufzeigen, wie die Haft bereits nach relativ kurzer Zeit sowohl das körperliche als auch das psychische Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt. Unsere damaligen Gesprächspartner berichteten von Symptomen wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit und Depressionen. Betroffen waren nicht nur – wie man hätte erwarten können – besonders schutzbedürftige Personen, sondern letztlich alle Befragten.
Angesichts der einschneidenden Folgen von Abschiebungshaft für die von ihr Betroffenen stellt sich zwingend die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auf die Anordnung von Haft verzichtet werden kann.

Die Studie gibt es hier als pdf: http://www.jesuiten-fluechtlingsdienst.de/images/pdf/120401%20jrs-studie%20abschiebungshaft%20vermeiden.pdf

Flüchtlingssituation in Ungarn unerträglich

ABSCHIEBELAGER IN BALLASAGYARMAT Foto: bordermonitoring.eu

Als Ergebnis einer einjährigen Recherche haben bordermonitoring.eu und PRO ASYL kürzlich einen umfangreichen Bericht über das Asylsystem in Ungarn veröffentlicht.
Im Mai 2004 wurde Ungarn Mitglied der Europäischen Union. Nicht erst seitdem wird massiv an einem Grenz- und Haftsystem für Flüchtlinge gebaut, mit dramatischen Folgen für die Betroffenen. Die Probleme verschärften sich seit DUBLIN II, einem Abkommen, nach dem Flüchtlinge immer in das EU-Land zurückgeschoben werden, das sie zuerst betreten haben (mehr dazu siehe dublin2.info). Unlängst haben österreichische Gerichtshöfe und auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass Asylsuchende im Dublin II – Verfahren nicht automatisch nach Ungarn abgeschoben werden dürfen. Der Bericht verdeutlicht anschaulich, warum.

Der Bericht UNGARN: FLÜCHTLINGE ZWISCHEN HAFT UND OBDACHLOSIGKEIT als pdf: http://content.bordermonitoring.eu/bm.eu–ungarn.2012.pdf

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen

ARI Neu erschienen! 19. aktualisierte Auflage der Dokumentation „Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen“ (1993 bis 2011)

Inhalt und Schwerpunkt der Dokumentation sind verletzte oder tote Flüchtlinge, die ohne die rassistische Sondergesetzgebung der BRD oder den Rassismus der Gesellschaft unversehrt überlebt hätten. Die Dokumentation zeigt in über 6000 Einzelge­schehnissen die Auswirkungen des staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus auf die Betroffenen.

Die beschriebenen Einzelfälle machen deutlich, mit welcher Gewalt Angehörige von Behörden, Gerichten, Polizei, aber auch medizinisches Personal und sonstige Hilfskräfte agieren und mit wieviel Willkür und Menschenverachtung Flüchtlinge gequält, gede­mütigt und sogar zum Suizid oder zu Selbstverletzungen getrieben werden. Erpressung, Schikanen und Betrug sowie Sippenhaftung, Familientrennungen oder Inhaftierung Minderjähriger sind einige Mittel des Staates und seiner willfährigen MitarbeiterInnen, um Flüchtlinge zur Ausreise zu zwingen.

Gnadenlos – Abschiebungen von Roma-Flüchtlingen

Das Ziel der Bundesregierung, alle geduldeten Roma-Flüchtlinge aus der BRD zu deportieren, wird auch im Jahre 2011 unge­bremst verfolgt. Nach durchschnittlich eineinhalb Jahrzehnten Aufenthalt der Roma werden die Menschen mit Gewalt aus ihren Unterkünften abgeholt und im Zuge sogenannter Massenabschiebungen zu den Flughäfen gekarrt. Betroffen sind auch Schwerstkranke, chronisch Kranke Traumatisierte und Behinderte. Es werden Kinder aus ihren Schul- und Klassengemeinschaften gerissen und alte Menschen von ihren Söhnen, Töchtern und Enkelkindern getrennt. Die Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit und auf eine positive Lebensperspektive nimmt durch die gewaltsame Abschiebung ein schockierendes Ende. Weiterlesen

Anti-Folter-Stelle rügt deutsche Knäste

Nachdem jüngst sowohl das UN-Antifolterkomitee als auch die Arbeitsgruppe gegen willkürliche Haft die Praxis deutscher Abschiebehaft kritisiert hatten, stellt die deutsche Anti-Folter-Stelle in ihrem jetzt veröffentlichten Jahresbericht zahlreiche Mängel an „Orten der Freiheitsentziehung“ fest.
Die Nationale Stelle der Verhütung von Folter wurde auf Grundlage des Fakultativprotokolls zur UN-Antifolterkonvention vom 10. Dezember 1984 geschaffen. Sie hat den gesetzlichen Auftrag, regelmäßig „Orte der Freiheitsentziehung“ zu besuchen und die Bedingungen für die Behandlung der dort untergebrachten Personen zu überprüfen. Sie weist auf ggf. vorgefundene Missstände hin und richtet Empfehlungen zur Verbesserung an die zuständigen Aufsichtsbehörden.

In einem telepolis-Bericht heißt es zusammenfassend:

Die Mängelliste ist lang. So wurde in den Zellen des Polizeirevier Kehls, über das zahlreiche Flüchtlinge nach Frankreich zurückgeschickt werden, der Einsatz von Weitwinkelspionen in den Toilettenräumen als Eingriff in die Menschenwürde kritisiert. In den Räumen der Bundespolizeidirektion Düsseldorf wurden an den Pritschen angebrachte metallene Fixierungsvorrichtungen gerügt. In mehreren der besuchten Gewahrsamszellen waren zudem keine Brandmelder angebracht, was angesichts der heftigen Diskussion anlässlich des bis heute ungeklärten Feuertodes des Flüchtlings Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle besonders verwunderlich ist.

Der Frage, ob Knäste und geschlossene Einrichtungen überhaupt mit der Würde der Menschen vereinbar sind, geht die Stelle nicht nach. Wahrscheinlich hat sie dafür keinen Auftrag…